westliche cote azur
so, nun bin ich von marseille ca. 375 km weiter nach osten bis nach frejus gefahren. erst hier finde ich wieder einen internetzugang. weil ich aber gerade keine stunden am pc verbringen will, gibts immer erstmal nicht mehr bilder, aber dafür schon mal einen bericht von der tour.
alle bilder vom mittelmeer im sommer 2008 bei flickr >>
am donnerstag schaffe ich es zum frühstück mit baguette, marmelade, joghurt und vor allem kaffee! danach gehe ich ins internet um die notizen meines zweiten tages in marseille ins weblog zu bringen und stelle fest, was es bedeuter cooler als flickr sein zu wollen. „System is currently in Intermission due to Scheduled Maintenance“. also keine bilder heute im netz.
ist vielleicht auch ganz gut, so komme ich etwas früher los. ich verlasse marseille in richtung cassis und es geht erstmal eine stunde über 12 kilometer bergauf zum 327 meter hohen pass über den col de la gineste.
zur belohnung gibt es hier, etwas oberhalb der ebenfalls hier in die hügel gebauten universität, schöne aussichten von oben auf marseille.
dann geht es runter richtung cassis und schon bald zweigt rechts der weg zur auberge de jeunesse fontasse ab. aber an der abzweigung steht auch ein wagen von so einer art wald-aufsicht. wie immer mit leichten verständigungsproblemen klären mich die beiden insassen auf, dass die auberge erst um 17 uhr öffnet und das das gesamte gebiet gerade ansonsten nur von 6 bis 11 uhr morgens betreten werden darf. in den gesamten naturgebieten der bouches-du-rhóne la provence gibt es wegen der waldbrand-gefahr ein system, nach dem täglich festgelegt wird ob das jeweilige gebiet jederzeit, von 6 bis 11 uhr oder gar nicht betreten werden darf.
nach einigem hin-und-her, bei dem ich mich schon fast damit abgefunden habe erstmal nach cassis und dann wieder den berg hoch zur jugendherberge zu fahren, lassen die beiden mich dann doch fahren.
der schotterweg führt dann noch ein paar mal rauf und runter in das gebiet der calanques westlich von cassis und ich bin ganz froh, hier nur runterrollen und nicht rauffahren zu müssen.
ich bin dann so gegen 15 uhr an der jugendherberg, die aber tatsächlich bis 17 uhr zu ist, wie mir der freundliche schweizer eric erklärt, der hier arbeitet. dafür gibt es eine wunderschöne terasse mit blick auf das cap canaille, nach meinem reiseführer mit 362m die höchste steilküste europas.
um 17 uhr wird dann das haus aufgeschlossen. ansonsten ändert sich nichts, warum es vorher geschlossen sein musste hat keinen ersichtlichen grund. so ist das eben.
ich mache mich nochmal zu fuß auf den weg. eric meint am abend könne man wieder überall herumlaufen. so laufe ich die schlucht der calanque en vau hinunter. am anfang ist es ein weg durch kleine wälder, später geht es immer tiefer zwischen felsen hinunter, die den weg auf beiden seiten einschliessen, bis schließlich der weg am fusse hoher klippen entlang führt.
am ende bin ich dann am meer, der calanque en vau mit einigen kajak-fahrerInnen am kiesstrand und einigen yachten etwas weiter draussen vor anker. auch zwei ausflugschiffe von cassis steuern die bucht noch an, legen aber nicht an sondern drehen 500 m vor dem ufer wieder ab.
zurück finde ich noch einen etwas kürzeren weg, der dafür aber erst einmal recht steil auf den östlichen fels führt. aber es war eine gute idee hier lang zu gehen, denn oben auf dem felsen kann ich nochmal ein stück zurückgehen um die calanque noch mal aus der höhe zu sehen.
am abend füllt sich dann auch die jugendherberge, die meisten kochen typische backpacker-gerichte: nudeln mit sosse und ähnliches und bevölkern danach mit wein und kerzenlicht die terasse.
in der einfache jugendherberge ohne duschen, steckdosen und kulinarische versorgung lässt es sich offensichtlich trotzdem ganz gut leben, wenn man sich entsprechend darauf einstellt und entsprechend wein und essen mitbringt und sich mit kaltem wasser übergiesst, solange es noch einigermassen warm ist.
ich finde es ganz ok für eine nacht, fahre aber morgen schon weiter. zum einen habe ich die tour in die calanques ja heute schon unternommen. ursprünglich wollte ich deshalb zwei tage hier bleiben, aber mit der 6 bis 11 uhr regelung wäre das morgen ohnehin nicht so toll gewesen. und zum anderen habe ich damit einen tag gewonnen und muss nicht unbedingt morgen gleich die 90 km bis giens schaffen. aber vielleich klappt es ja auch, heute gehe ich früh schlafen so dass ich auch früh aufbrechen kann.
ich schaffe es tatsächlich am freitag früh aufzubrechen und schiebe mein rad die drei kilometer hinunter bis zum port miou. diese erste calanque von cassis aus ist ein großer jachthafen. der weg dorthin ist so sehr mit schottersteinen gesäht, dass ich mein rad lieber schiebe damit der tag nicht gleich mit einem platten reifen beginnt.
in cassis früstücke ich dann erstmal am hafen. mit 11 euro nicht so günstig, aber dafür ist es ein buffet mit unbegrenzten baquettes, croissants, saft, kaffee …
cassis ist ein netter, wenn auch recht touristischer hafenort. von hier fahren unzählige ausflugsschiffe zu den calanques, drei gibts für 13, fünf für 15 und sieben für 17 euro zu sehen. und am kai kann man frisch gefangene fische kaufen.
gut gestärkt geht es dann weiter über den ersten pass von knapp 200 m nach la ciotat. ein etwas größerer ort mit einem industriehafen und einer lebhaften altstadt. direkt am meer liegt das historische kino eden.
la ciotat spielt eine wichtige rolle in der filmgeschiche, weil die brüder lumiere hier einen der ersten filme drehten: die ankunft eines zuges am bahnhof ciotat. den bahnhof gibt es heute noch.
weiter geht es nach saint-cyr-sur-mer. erst wäreich fast gar nicht in den ort gefahren, weil es – wie oft hier an der küste – erst bergab zum hafen geht und später wieder entsprechend bergauf zur fernstrasse.
aber ich will ja gerade die kleinen orte am meer sehen und saint-cyr-sur-mer gefällt mir ausgesprochen gut. schöne strände, teilweise mit vielen cafes direkt an einer fussgängerpromenade, zwei kleine yachthäfen, in der mitte ein campingplatz, …
der nächste ort, bandol hingegen ist nicht so attraktiv. ich fahre weiter nach sanary-sur-meer. auch das bild am anfang ist von hier. in diesem ort lebten viele deutsche schriftstellerInnen in des zeit des faschismus im exil. thomas mann und seine familie, lion feuchtwanger, ernst bloch und andere. einer ihrer treffpunkte war die bar le nautique, wo ich nun café trinke und diese zeilen schreibe. brecht trug hier bei einem besuch gedichte gegen goebbels vor.
ich versuche mir das leben hier im exil damals vorzustellen. sicherlich nicht so unbeschwert, wie ich hier jetzt sitzen, café trinken und die menschen an mir vorbeiziehen lassen kann. der hafen war vermutlich weniger yacht- und mehr fischerhafen. aber eine gewisse leichtigkeit hatte dieser ort vermutlich auch damals und nicht nur, weil die menschen hier sicher waren für eine gewisse zeit, bis die faschisten sie auch hier einholten:
Wenn ich etwa von Paris mit dem Nachtzug zurückkommend, des Morgens das blaue Ufer wiedersehe … dann atmete ich auf und freute mich, daß ich mir diesen Himmel gewählt hatte, unter ihm zu leben.
lion feuchtwanger in „Der Teufel in Frankreich“
er verließ als einer der letzten europa über die pyrenäen und lissabon richtung amerika, nachdem er bereits einmal verhaftet worden war und fliehen konnte.
weiter fahre ich über die halbinsel six-fours nach la-seyne-sur-meer. naja, eigentlich lande ich da, weil ich an einem kreisverkehr auf six-fours nicht ganz die richtige abzweigung genommen habe. aber so sehe ich noch ein schauspiel im hafen, wo kinder, junge männer und frauen auf kleinen schiffen wie bei einem rittertournier miteinander kämpfen. sie stehen hoch jeweils auf einem boot, das die funktion des pferdes übernimmt und versuchen den oder die gegnerIn mit einer stange ins wasser zu stoßen.
und ich fahre nochmal ein kleines stück einer schönen küstenstrasse mit blick auf toulon entlang, um zu einem campingplatz auf der halbinsel saint-mandrier zu kommen. der ist aber leider nur für mobilhomes und caravans und so fahre ich nochmal 8 km ins innere der halbinsel six-fours um dort auf einem nicht besonders attraktiven campingplatz mit dem namen „buffalo hacienda“ zu schlafen.
und ich schlafe schlecht, ich fürchte ich habe mir eine leichte erkältung zugezogen, was meine stimmung am folgenden samstag etwas drückt.
ich spare mir den weg durch die vorstädte und hafengebiete mit viel marine in toulon und nehme von der verbindungsstrasse zur halbinsel saint-mandrier eine fähre ins zentrum von toulon. die fähren sind hier teil des öffentlichen personennahverkehrs und entsprechend günstig, zwei euro kostet mich die überfahrt, der transport des fahrrades kostet nichts.
toulon ist eine grosstadt, deren hafen von der marine dominiert wird. gerade liegt hier der flugzeugträger charles de gaulle. daneben liegen dann im schatten großer wohnhäuser direkt am hafen sportboote, fähren, ausflugsschiffe und ein paar kleine fischerboote. hier drängt das urbane leber enger ans meer, als in den meisten anderen küstenstädten.
ich fahre weiter nach osten und wie in marseille scheint auch hier die industrie eher im teil der stadt hinter mir – den ich diesmal mit der fähre umgangen bin – zu liegen. nur leider ist der himmel nicht mehr so strahlend blau wie in den letzten tagen, was zusätzlich zum aufkommenden husten meine stimmung etwas dämpft.
ich fahre vorbei an den stränden von toulon und dann richtung hyères. den verkehr fand ich bis jetzt hier an der küste noch nie dramatisch, kein problem fahrrad zu fahren. aber ab hier gibt es sogar einen ausgebauten fahrradweg entlang der hauptstrasse der auch reichlich genutzt wird.
ich fahre auf die halbinsel von giens. eigentlich ist das eine insel, die nur durch zwei ca. 8 km lange strassen mit dem festland verbunden ist. ich nehme die kleinere, westliche strasse, an die rechts direkt der strand und links wasserflächen zur salzgewinnung angrenzen.
in giens versuche ich einen platz auf dem campingplatz zu bekommen, der sogar einen eigenen „rucksack-tarif“ für reisende ohne auto anbietet. eine ziemliche seltenheit hier. aber der platz ist voll.
eigentlich war mein plan, hier zwei nächte zu bleiben und morgen einen tag auf der insel de porquerolles zu verbringen. am hafen tour fondue, wo die fähren zu insel ablegen, gibt es auch noch einen campingplatz. so fahre ich los in diese richtung, wieder mal über einen hügel. ganz oben sehe ich die insel und entscheide mich spontan meine pläne zu ändern.
irgendwie habe ich das gefühl, die insel birgt nichtso viel neues und ich sollte schneller vorankommen. eigentlich hatte ich für die strecke von cassis bis hier her ja auch nur einen tag geplant. 90 km an einem tag sind ja auch nicht unmöglich, aber schliesslich will ich nicht nur die ganze zeit fahrrad fahren sondern auch mal in ruhe einen kleinen ort erkunden, am hafen café trinken, …
und gestern waren es zwar nur 68 km, aber eben auch 764 höhenmeter. und mittlerweile habe ich herausgefunden, dass mein fahrradcomputer nur die höhenmeter zählt, die ich bergauf fahre. wenngleich das keine besonders exakten werte sind, so zeigt es doch, dass die cote azur hier ganz schön hügelig ist.
eigentlich hätte ich gerne eine strasse, die den ganzen tag einfach am meer entlang führt. nach der karte könnte ich dem in den nächsten tagen näher kommen.
jetzt fahre ich erstmal auf der östlichen strasse von giens zurück zum festland. diese strasse liegt auf einem etwas breiterem stück land, auf des es campingplätze und auch kleine orte wie zum beispiel la capte gibt.
am festland geht es dann vorbei am flughafen toulon-hyères nach la monde les maures. hier gibt es gleich drei campingplätze, also wird es hier wohl klappen, einen platz zu finden. der erste ist mir allerdings nicht nah genug am meer. der zweite ist nur 150 m entfernt vom hafen miramar, aber hier muss man mindestens zwei tage bleiben. aber der dritte trifft meine bedürfnisse. direkt am strand und nur drei fahrrad minuten vom ort. das kostet mich allerdings gleich knapp 30 euro, weil die tarife hier beim packet für 3 personen mit auto und zelt anfangen.
egal, ich will dass meine stimmung sich bessert, also baue ich mein zelt in 10 m entfernung vom mittelmeer auf und gehe erst mal schwimmen. hier ist das wasser zum glück deutlich wärmer als es in der calanque auf frioul war und es tut auch gut zu schwimmen in der sonne zu sitzen.
trotzdem nehmen meine kopfschmerzen zu und ich kann den crepe beim abendlichen besuch des hafes nicht so richtig geniessen.
am sonntag geht es mir auf jeden fall besser. weil ich die suche nach einem campingplatz mit der unsicherheit ob er vielleicht voll ist und ob er vielleicht nur für caravans ist versuche ich für die nächsten nächte schon mal zu buchen. für die jugendherberge in frejus übermorgen klappt das auch, aber der campingplatz in port grimaud für heute abend hat zwar gerade noch 6 freie plätze, nimmt aber reservierungen nur für mindestens 7 nächte an. also einfach wieder probieren.
ich fahre weiter auf der strasse richtung st. tropez und wieder gibt es einen schönen fahrradweg. eine kleine „extrastrasse“ für fahrräder, manchmal direkt neben der strasse, oft aber auch in einiger entfernung so dass man vom verkehr kaum noch etwas mitbekommt.
in le lavandou wird die strasse dann wieder zur küstenstrasse und führt an schönen kleinen buchten und stränden entlang über etwa 20 km bis nach la croix valmer.
kurz vor grimaud, da wo die strasse nach st. tropez abzweigt sehe ich einen einfacheren campingplatz am strassenrand. kurz entschlossen fahre ich hin, aber es niemand vom platz da. ich bin etwas unsicher, bis ein motorradfahrer ankommt und meint, man kann einfach sein zelt aufstellen und später bezahlen. und nachdem mein zelt steht ist dann auch die frau von platz da.
nachdem die nacht gesichert ist fahre ich dann ohne gepäck nach st. tropez. trotz massenbetrieb eine sehr schöne stadt mit malerischen hafen und nicht so malerischen millionen teuren motoryachten.
an den kais reihen sich restaurants und cafes aneinander, in der mitte das senequier. das cafe gibt es seit den 30er jahren. im krieg war es zerstört, wurde 52 wieder aufgebaut. mitte der 50er jahre begann der run auf st. tropez, 56 wurde der film „et dieu créa la femme“ (und immer lockt das weib) mit brigitte bardot am hafen gedreht, die immer noch in der nähe eine villa haben soll.
auf jeden fall lässt sich das leben am hafen aus dem senequier auch heute noch gut beobachten. luxusautos fahren hier vor – obwohl der teil des hafens eigentlich für autos gesperrt ist – riesige motoryachten legen an, paparazzis liegen auf der lauer.
die reichen und prominenten hier kennen sich und die betreiber der café. spannend ist das direkte nebeneinander dieser kleinen gruppe und den ’normalen‘ touristInnen die hier massenweise herumlaufen, den abgestellten lamborgini bewundern und genauso im senequier sitzen wie ich und die prominenten.
im restaurant nebenan gibt es auch sofas, eine berieselungsanlage versprüht leichten kühlenden nebel und eine frau singt. der laden wirkt so, als ob hier die gehobene gesellschaft tatsächlich eher unter sich ist. die ironie der geschichte: die frau singt die haifisch-ballade aus der dreigroschenoper.
später am abend laufe ich dann noch durch die schöne altstadt und auf die festung hinter der stadt. auf dem rückweg zur altstadt entdecke ich den friedhof in bester lage direkt am meer.
am montag geht es dann weiter auf der küstenstrasse. diesmal gibt es tatsächliche einen stau über lange strecken, aber auch einen fahrradweg so dass ich gut daran vorbeikomme. die strase führt wieder an schönen stränden entlang, aber zunehmend gibt es größere und weniger idyllische urlaubsdomizile. ein solcher touristenort ist auch st. raphaël, der an der küste direkt angrenzt an frejus.
schöner ist die altstadt von frejus, etwa zwei bis drei kilometer im landesinneren mit alten ausgrabungen eines römischen amphitheaters und einer wasserleitung.
ich bleibe hier in der jugendherberge und um meinen urlaubsstress zu reduzieren buche ich gleich zwei nächte und reserviere auch übermorgen die nacht in nizza schon einen tag vorher als geplant.
eigentlich wollte ich eine oder zwei nächte in cannes bleiben, aber günstige unterkünfte gibts da gerade nicht und auf noch mal camping habe ich gerade keine lust.
wirklich cool! es zeigt wieder deutlich das es nicht noetig ist, durch die ganze welt zu pesen, bzw auch „Nah“ziele mit der richtigen Einstellung sehr lohnenswert sind! good on you, mate!
hallo jochen, ich bin ja gerade in nizza und auch ganz begeistert. grosse baustellen habe ich nicht entdeckt. bis bald, thomas
Hallo Thomas,
ich bekomme ein wenig Heimweh, wenn ich deine Zeilen lese, weil ich fast alle Orte kenne, allerdings nur im Frühjahr oder Winter. Auch Nizza ist eine tolle Stadt, letztes Jahr wurde da viel umgebaut, das dürfte aber jetzt fertig sein. Diel Altstadt ist sehr lebendig und es gibt da einige interessante Ausstellungen.
Liebe Grüße aus der Heimat