venedig
drei volle tage verbringe ich in venedig, wohne entspannt auf der insel lido di venezia im hotel giardinetto und fahre mit vaporetto’s in und durch die stadt und bis nach punta sabioni im norden. und ich besuche eine reihe von pavillions und events der biennale architettura in der stadt.
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mit der verpätung meines frecciarossa komme ich montag nachmittag dann in venezia santa lucia an und gleich geht es mir besser. ich bahne mir meinen weg zum richtigen vaporetto richtung lido – später stelle ich fest, dass ich mit der linie 5.1 die 38 minunten von der station zum lido braucht tatsächlich die schnellste variante erwischt habe. und während der wind mir auf dem boot um die ohren weht und ich durch den canale della giudecca an den alten prachtbauten entlang fahre fühle ich mich plötzlich gar nicht mehr krank und freue mich einfach nur hier zu sein.
ich habe ein zimme im hotel giardinetto, wo ich schon im letzten jahr zunächst übernachtet hatte, aber wegen eines wasserschadens in der klimaanlage des zimmers dann ins nachbarhotel panorama wechseln musste. aber im hotel panorama war nichts frei und eigentlich war das hotel giardinetto auch gut und es wird ja nicht zufällig jetzt nochmal dasselbe problem geben.
und ich habe auch ein superzimmer im zweiten stock mit blick auf die vaporetto station lido santa maria elisabetta und die ganze stadt incl. dogenpalast und dem turm campanile di san marco im hintergrund.
aber ich will es noch nicht übertreiben mit der aktivität, kaufe nur etwas ein und essen direkt nebenan.
am dienstag geniesse ich dann das – vor allem für italienische verhältnisse – großartige frühstück auf einer schattigen überdachten terrasse mit vielen pflanzen und gemütlichen gartensofas.
am frühen mittag nehme ich dann ein vaporetto der linie 1, die hier startet und dann zunächst vorbei an sant’elena, den giardini della biennale und san marco sowie von da aus durch den ganzen canale grande bis zur piazzale roma fährt.
und es gibt gute sitzgelegenheiten ganz vorne, wo man auch bei einem überfüllten boot immer platz und einen guten blick hat, weil man da nur sitzen darf um dem steuermann (meistens) oder der steuerfrau (selten) nicht den blick zu versperren.
so mache ich wieder etliche fotos, obwohl ich diese tour ja schon oft gemacht habe, aber ich bin auch gespannt wie die bilder mit dem polfilter hier wirken.
tatsächlich bin ich jetzt schon das fünfte mal in venedig, von allen städten ausserhalb von deutschland war ich nur in amsterdam öfter. und immer noch liebe ich diese stadt. der morbide charme der altstadt mit ihren vielen heruntergekommenen ecken neben den prächtigsten palazzis an den kanälen, die kulturelle vielfalt von historischen bis zu zeitgenössischen werken, die dominanz der wasserwege, das nahe meer und die sonne. irgendwie stimmt hier ziemlich viel für mich.
am piazzale roma steige ich aus uns überlege was ich weiter mache. schon bei der ankunft gestern hatte ich gemerkt, wie zuhause ich mich hier auch fühle, weil ich gar nicht mehr den drang hatte, sofort alles zu sehen und viele fotos zu machen. und auch jetzt habe ich keinen fixen plan mit vielen stationen sondern lasse mich etwas treiben.
ich nehme den „people mover“, eine futuristische bahn die auf eine hochgelegenen bahn von seilen gezogen wird und automatisch ohne steuerende person vom piazzale roma zur parkhausinsel tronchetto und zurück fährt.
auch etwas, wo ich immer mal gedacht hatte, das möchte ich mal ausprobieren, aber was nie so ins dichte programm gepasst hat und tronchetto ist jetzt auch kein superschönes ziel in venedig. aber der „people mover“ ist schon cool.
vom tronchetto nehme ich dann wieder ein vaporetto um durch den canale della giudecca zurück nach osten zu fahren, bis zur kleinen insel san giorgio maggiore, auch ein ort an dem ich mich irgendwie schon zuhause fühle.
schon bei meinem ersten besuch in venedig 2002 hat es es mir auf dieser kleinen insel westlich von giudecca direkt gegenüber vom markusplatz sehr gefallen. zunächst ist hier deutlich weniger trubel als in dorsuduro und san marco auf der anderen seite des canale della giudecca. es gibt hier auch nicht viel zu tun ausser den yachthafen und die abtei zu besuchen.
der yachthafen ist auf jeden fall der schönste den ich kenne, fast im zentrum von venedig und doch so ruhig gelegen hinter einer historischen mole mit zwei kleinen türmen.
und in der abtei sind meistens kunstausstellungen, wie auch jetzt die ausstellung „Belonging“ mit skulpturen von helga vockenhuber aus österreich die sich auch auf die sakrale umgebung beziehen.
schließlich kann man auf den turm der abtei, den campanile di san giorgio maggiore mit einem aufzug fahren, ohne lange schlangen wie beim turm am markusplatz und mit eine tollen aussicht auch die ganze stadt.
als ich am yachthafen vorbei zurücklaufe begegne ich noch zwei polizist*innen der polizia locale, die hier mit einem kleinen radargerät die geschwindigkeit der boote auf im bacino san marco checken.
danach nehme ich nochmal ein vaporetto zurück zur parkausinsel tronchetto, von wo aus die große autofähre zum lido startet. auch etwas, was ich immer schon mal machen wollte, mit dieser fähre durch den canale della giudecca und das bacino san marco zum lido fahren. da die fähre nur alle halbe stunde fährt, muss ich etwas warten. aber so bekomme ich nochmal einen andere perspektive auf die stadt.
ich bin guter dinge und meine erkältung scheint fast abgeklungen zu sein, und so fahre ich am abend nochmal zurück auf die insel giudecca und esse dort im restaurat direkt am pier. auch ein ort, zu dem ich immer wieder gerne zurückkehre.
am mitwoch will ich dann noch einmal auch zum baden ans meer und nehme vom lido die kleine fähre zum punta sabbioni, vorbei an den mose-bauwerken in der zufahrt vom offenen meer in die lagunge zwischen lido und punta sabbioni. mit dem mose-system lässt ich die lagune bei stürmen abschotten, so dass man nicht mehr wie früher, nur auf stegen über den markusplatz und viele andere straßen und plätze der stadt kaufen kann.
punta sabbioni eher ländlicher, vom anleger laufe ich am meer entlang, wobei das eher kein schöner weg ist, weil man weitgehend hinter einem zaun der hafen- und mose-anlagen läuft und wenig vom meer sieht.
am ende gibt es dann aber den strand und eine mole mit einfahrtsleuchtturm, wo jugendliche ins meer springen und ich auch nochmal schwimme.
danach laufe ich ein stück den strand entlang mit dem plan, dann wieder einen direkteren weg zurück zum anleger zu nehmen. hinter dem strand erstreckt sich ein riesiger campingplatz, den ich dazu durchqueren müsste, aber direkt am eingang werde ich von der security schon nach meinem pass gefragt und zurück zum strand geschickt.
und so laufe ich wieder einen längeren bogen zurück bis zur mole und dann über die langweilige straße. für die letzten meter kommt dann noch ein bus, der den weg etwas verkürzt.
jetzt bin ich am abend doch wieder ziemlich erschöpft und unternehme nicht mehr viel.
am donnerstag fahre ich dann wieder, diesmal mit der schnelleren vaporetto line 2 in die stadt bis zur station san samuele. ich habe mir ein paar nationale pavillions der biennale architettura in der stadt herausgesucht und so bekomme ich am letzten tag in venedig nochmal ein wenig biennale-feeling.
hier ist der pavillion von montenegro mit der ausstellung „Mirages of the Future“, unter anderem mit der idee, den dom revolucije – eine art unvollendeter palast der republik jugoslawiens – zu einem grünen parlament zu machen.
Dom Revolucije. Can the revolution have its own home?
For every revolution, it is thought that it is the most important and the last one, even for the socialist one, in whose memory the Dom Revolucije in Nikšić was build. It was build and not finished, somehow logical.
Maybe there is one final revolution after all. Green. Return to nature.
aus dem ausstellungstext zum „Green Parliament of Montenegro“
ich fahre weiter mit dem vaporetto durch den canale grande bis zum casinò di venezia und laufe durch die gassen von cannaregio campo santa fosca wo in einem ladenlokal eine aussenstelle des pavillions rumäniens ist. auch bei der biennale arte letztes jahr gab es hier eine spannende station mit 3-D brillen die den beitrag rumäniens in den giardini ergänzten. diesmal ist es ein instant garden, der hier mit samen und anderen naturobjekten entstanden ist.
If urbanity will become the main living condition of the future, the green space alongside the build space will have to become productive agents. Agriculture an architecture can define a generative New Local – usefull ideas an concepts in the contemporary & future design process.
ausstellungstext in der ICR gallery des pavillions rumäniens am campo santa fosca
ich laufe weiter bis zum palazzo mora, einem europäischen kulturzentrum das mich auch letztes jahr schon gut gefallen hat und in dem neben anderen ausstellungen auch ein collateral-event der biennale architettura stattfindet: die EUmies Awards. Young Talent 2023. The Laboratory of Education.
ein interessantes objekt ist FabriCity XR der texas tech university huckabee college of architecture, die auch mit gamification elementen arbeitet, wo man über QR Codes eine anwendung aufrufen kann, mit der den ausgestellten modellen zusätzliche layer hinzugefügt werden.
in einem anderen studierenden-wettbewerb der schweizer Itten + Brechbühl AG geht es um utopien zukünftigen lernens.
und in einer eigenen ausstellung zu palästina gibt es eine „Palestine Nakba Map“ in der auf einer karte die während der Nakba 1947 bis 1949 zerstörten ort und die dabei getöteten menschen nacheinander erscheinen.
nach den beiden stationen in cannaregio laufe ich zurück zum canale grande und nehme ein vaporetto zur station arsenale. hier rund um einen der hauptausstellungenorte der biennale gibt es auch eine reihe von kleinen pavillions ausserhalb. im pavillion georgiens geht es um eine bewegung zur rettung des rioni tals, in dem ein großer staudam gebaut werden soll.
auf dem weg durch kleine gassen zum nächsten ort begegne ich dann noch dem büro der „rifondazione comunista sezione 7 martiri“. im pavillion panamas geht es um „Stories from beneath the water“, eine aufarbeitung der geschichte der unterdrückung im kontext des bau’s des panama-kanals.
und ein stück weiter im pavillion litauens gibt es einen „Children’s Forest Pavilion“. insgesamt scheinen bildung und natur häufige themen der biennale architettura zu sein.
und noch ein stück weiter richtung san marco gibt es dann noch den pavillion zyperns: „From KHIROKITIA to MARS“ zur frage, wie die erfahrungen der ersten gemeinschaft auf zypern genutzt werden können für die erkundung des mars.
nach diesen reichlichen eindrücken auch ohne die große ausstellung im arsenale und in den giardini, mache ich mich mit einem vaporetto nochmal auf den weg zu zwei letzten stationen in dorsuduro. direkt in der nähe der station spirito santo ist in einer alten lagerhalle der pavillion kuweits in dem es darum geht transport, fußgänger*innenfreundlichkeit und zugänglichkeit in der stadt zu überdenken.
von hier aus laufe ich zur station zattere, wo ich im letzten jahr ja die erste woche bei der biennale arte sozusagen „zuhause“ war und besuche noch den pavillion bulgariens in der kirche santa maria del rosario in dem es nochmal um bildung geht „Education is the movement from darkness to light“. wobei die ausstellung vor allem den rapiden abbau an schulischer bildung in bulgarien thematisiert. nette zugabe: das klettergerüst im hof in der form einer sozialistischen rakete 😉
insgesamt hatte ich so dann doch noch eine gute portion moderner kultur in venedig.
am freitag geht mein zug erst am nachmittag, daher fahre ich nach dem frühstück nochmal mit dem bus zur murazzi spiaggia libera, dem freien strand in der mitte der insel. hier gibt es kleine piers mit plattformen, auf denen man sich sonnen kann und es beginnt ein langer fuss- und radweg an der küste entlang, wo die bebauung dirket am meer endet. insgesamt etwas wilder ohne liegen und sonnenschirme in reih und glied. erinnert mich etwas an pellestrina. und mit den bus gut in wenigen minuten erreichbar.
nachdem ich den küstenweg unterhalb der batterie ca’bianca angelo emo ein stück nach süden gelaufen bin, laufe ich zurück, später dann auf der straße am meer entlang, bis zum nobel hotel excelsior, das trotz der lage direkt am strand auch über einen kanal einen wasserzugang aus der lagune hat. und ein stück weiter folgt dann schon der kino-palast der mostra internazionale d’arte cinematografica, die in fünf tagen hier beginnt.
von hier fahre ich noch das kleine stück bis zum hotel zurück mit dem bus und mache mich fertig für die weiterreise. zunächst nochmal mit dem vaporetto – diesmal nördlich um die stadt herum bis zum bahnhof.
von dort startet dann pünktlich der railjet 130 der österreichischen bundesbahn nach wien. hier ist es etwas angenehmer als im italienischen frecciarossa 1000, nicht ganz auf kühlschranktemperatur. ich mache es mir bequem für die 8-stündige fahrt, die am späten nachmittag bei tarviso boscoverde an der italienisch-österreichischen grenze in die alpen führt. da gibt es dann auch noch schöne ausblicke auf die berge, die sich aus dem zug nur nicht so toll fotografieren lassen.
kurz vor mitternacht fährt der zug dann noch im dunkeln auf der strecke der semmeringbahn (heute UNESCO-weltkulturerbe) wovon ich leider nicht viel mitbekomme.