August 11

genua

„Genua, wo es aussieht, als hätten Kinder Theaterdekorationen vierten Ranges schräg und quer auf Felsen hingestellt …“ (jacob burckhardt im 19. jahrhundert). auch heute ist die stadt geprägt von felsen und meer. überall geht es mal steil nach oben, mal durch einen tunnel unter einem felsen hindurch und irgendwie auch immer ans meer. ein antiker hafen heute ausgebaut zur modernen urlaubswelt, eine verwinkelte und ausgedehnte altstadt und berge rundherum.

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alle bilder vom mittelmeer im sommer 2008 bei flickr >>

am freitag komme ich mittags am hauptbahnhof p. prinzipe an, besorge mit einiges orientierungsmaterial und fahre dann zum hafen.

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die hauptstrasse am hafen, die via antonio gramsci ist etwas düster, geprägt von hafenbauten auf der einen und der altstadt auf der anderen seite. und oben bedeckt von einer hochstrasse für den durchgangsverkehr.

aber bald komme ich zum porto antico, dem touristischen zentrum des hafens mit aquarium, einem für polanskis „piraten“ nachgebauten spanischen kriegsschiff des 16. jahrhunderts, ausflugsbooten, läden und dem bigo – dem symbol der columbus-feiern 1992. beim aquarium gibt es sogar einen kleinen regenwald unter einer glaskuppel.

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ich fahre am aquarium vorbei auf einen pier, an dessen ende grosse pontons mit sitzbänken festgemacht sind. hier sind kaum noch menschen und ich kann in ruhe auf dem wasser sitzen und das panorama der stadt vom meer aus geniessen.

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danach fahre ich ein wenig durch die altstadt, die deutlich größer und verwinkelter ist als die in nizza. aussersdem geht es ziemlich viel auf und ab. in der mitte der altstadt, an der kathedrale san lorenzo trinke ich noch einen cafe, dann suche und finde ich den largo della zecca, von wo aus die bergbahn, die funicolare auf den righi abfährt. ich löse eine normale karte und schiebe mein fahrrad in den wagen. der fahrer sagt nix, also wird es wohl ok sein.

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so komme ich mal ohne anstrengung auf dem 300 m hohen righi, von wo auch ich dann nur noch ein paar serpentinen zur jugendherberge hinunter fahren muss. und dort habe ich dann für die nächsten tage und abende tatsächlich einen grandiosen blick auf die stadt und den hafen.

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am samstag rolle ich dann entspannt hinunter in die stadt. auf dem weg sehe ich, wie die wohnsiedlung um die jugendherberge an den hang gebaut ist, alle häuser mit super panoramablick.

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auf halben weg bis ganz unten stosse ich auf das castello d’albertis, eine der kleinen burgen oberhalb der altstadt. das castello war das wohnhaus des seefahrers enrico alberto d’albertis und ist heute das museo della culture del mondo.

d’albertis war ein reisender auf den weltmeeren am ende des 19. und anfang des 20. jahrhunderts. in seinem haus sammelteer exotisches aus aller welt. es gibt mehrere thematisch ausgerichtete räume, wie den sala delle meridiane mit nautischen instrumenten, den salotto turco mit niederigen türkischen sofas oder den sala colombiana, auf dessen terasse eine skulptur des jungen christopher columbus von giulio monteverde (1872) auf den hafen blickt. ausserdem gibt es in dem raum eine „wunderkammer“ mit kuriositäten aus übersee.

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d’albertis machte 1893 eine altlantiküberquerung mit selbstgebauten nautischen instrumenten in der art, in der sie auch columbus verwendt hat.

der zweite teil des museums zeigt objekte aus africa, america und ozenanien, mit „emphasis on the visibility of the pieces, punctual information an inclusion ofindigenous voices …“.

das museum stellt d’albertis als weltoffenen reisenden dar, als „a man who travels around the world approaching different places and cultures inviting us to be open and curious“ und in diesem sinne setzt es die darstellung der „culture del mondo“ fort. auch in der aktuellen sonderausstellung mit bildern aus argentinien.

es läd damit ein „to approach the museum as a place of proposition and discussion rather than as a site of certitude and truth“.

nach dem besuch des castello d’albertis fahre ich weiter hinunter bis ich wieder am bahnhof p. prinzipe ankomme. auch hier gibt es eine bergbahn, die hier auf den granarolo führt, den nächsten berg nach dem righi im westen.

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von hier aus fahre ich wieder richtung porto antico, aber diesmal biege ich an der piazza della commedia ab in die altstadt auf die via di pre, eine gassa parallel zur grossen via antonio gramsci mit vielen kleinen läden und teilweise durch häuser hindurch gebaut. später geht sie über in die via di sottoripa, die unter arcaden parallel zum porto antico verläuft.

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ich fahre nochmal raus auf die pier am aquarium, wirklich ein angenehmer entspannter ort mitten im touristischen zentrum und dann lasse ich mich in der gondel am bigo 40 meter nach oben befördern um die ganze szenerie nochmal von oben zu sehen. am rande des porto antico gibt es aber auch noch dinge zu entdecken, wie zum beispiel eine kulisse aus dem spettacolo „gli uccelli“ des theatro della tosse.

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dann suche ich die stelle, wo der navibus, eine personenfähre nach pegli ablegt. hier sehe ich nur teure ausflugsschiffe die kurze hafenrundfahrten für 10 euro anbieten, also fahre ich nochmal den hafen ab bis zur stazione maritima, wo kreuzfahrtschiffe und fähren nach afrika festmachen.

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am ende finde ich den anleger des navibus, der doch mitten im porto antico liegt. aber der nächste geht erst um 16 uhr, daher mache ich noch einen kurzen abstecher in die altstadt und besuche die kathedrale san lorenzo. innen über dem hauptportal gibt es ein fresko des „jüngsten gerichtes“ aus dem 13. jahrhundert. eigentlich kann ich mit sakraler kunst ja wenig anfangen, aber man muss natürlich bedenken, dass zu dieser zeit künstler kaum eine andere chance hatten, als sowas zu machen. während heute meine freundInnen von half past selber schuld eher probleme haben, wenn sie die weltmeisterschaft der religionen inszenieren wollen.

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aber was fresken betrifft, gefällt mir das motiv des drachentöters am palazzo di san giorgio am porto antico dann doch bessen 🙂

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um vier nehme ich dann den navibus und fahre für 3,50 euro hin und zurück nach pegli. soviel kostet eine tageskarte für alle öffentlichen verkehrsmittel, also habe ich die bergbahn heute abend auf den righi auch schon bezahlt. dabei sehe ich auch den ganzen hafen, den ins meer gebauten flughafen und den westlichen vorort von genua, pegli.

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nach dieser netten hafenrundfahrt fahre und schiebe ich mein rad noch etwas durch die altstadt, in der ich mich hin und wieder wie in einem labyrinth fühle.

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nachdem ich einige gassen immer weiter hinauf gefahren bin, komme ich auf die anhöhe des castello, den höchsten punkt der altstadt der sehr früh bebaut wurde, da er einen strategisch günstigen überblick über alles, was sich vom meer näherte bot.

hier schaue ich kurz in die casa paganini, wo mich zwei ältere damen herzlich zu einer führung einladen. das haus war früher eine kirche mit angeschlossenem kloster. auch hier wieder alte fresken und wanddekorationen aus unterschiedlichen jahrhunderten.

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die nette dame die mich herumführt erzählt, was aus welcher zeit stammt und dass die verschiedenen besitzer der gemäuer vieles oft einfach übermalten.

heute gehört das gebäude zur universität, oben gibt es kleine appartements für studierende und in der ehemaligen kirche finden konzerte statt und wegen seiner guten akustik nutzt es der bereich für musik und informatik. daher stehen überall zwischen den alten mauern und wandbildern elektronische geräte und computer.

von der casa paganini fahre ich weiter über den piazza sarzano zur kathedrale santa maria assunta in carignano auf dem nächsten hügel östlich der altstadt und von dort wieder herunter zur hafenstrasse. hier, an der via della marina trifft die verwinkelte architektur der altstadt zusammen mit modernen bauten und der chaotischen strassenführung über brücken und tunnel.

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etwas weiter östlich schliesse ich mein tag der stadtrundfahrt mit dem rad an der piazza della vittoria ab. hier wird die stadt wieder flacher und grossräumiger, mit diesem grosse platz am anfang, der bis zum zweiten grossen bahnhof, der stazione brignole reicht.

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von der stazione brignole ist es dann nur noch ein kurzes stück bis zum largo della zecca, von wo mich die funicolare wieder zügig zum righi bringt.

am sonntag nehme ich eine etwas anderen weg nach unten und komme so am belvedere l. montaldo aus, von dem sich noch ein schönerer blick auf hafen und altstadt bietet, als vom castello d’albertis. und von hier aus kann man die letzten 50 meter dann mit dem aufzug hinunter zur piazza del portello fahren, einem platz zwischen zwei tunneln einer der durchgangsstrassen von westen nach osten.

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von hier fahre ich nochmal durch die via garibaldi, die prachtstrasse genuas, an die die reichen kaufleute im mittelalter grosse paläste bauten. danach fahre ich über die via xx settembre wieder aus dem zentrum heraus, zu den östlichen vorstädten am meer.

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östlich des hafens von genua in foce gibt es gleich den ersten strand gegenüber der östlichen hafeneinfahrt.

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und von hier an gibt es an der küste immer da wo es irgendwie geht kleine strände, häfen, liegestühle und schwimmmöglichkeiten an den felsen.

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ich fahre bis zum letzten vorort nach nervi, wo es auch einen kleinen hafen gibt und danach eine wunderschöne promenade über ein paar kilometer am meer entlang.

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in nervi besuche ich auch nochmal zwei interessante museen. zum einen die galleria d’arte moderna of genoa mit kunstwerken aus dem 19. und 20. jahrhundert. interessante bilder die teilweise den focus auf den alltag der menschen setzen so wie luigi bechis „dopo la burrasca (after the storm)“ von 1865 oder das düstere „gli scaricatori di carbone (cool loaders)“ von giovanni battista costa 1892, das vielleicht ein wenig der atmosphere des hafens von genua um die jahrhundertwende wiederspiegelt.

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luigi bechi, dopo la burrasca (after the storm) 1865, galleria d’arte moderna of genoa, nervi, genua
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giovanni battista costa, gli scaricatori di carbone (cool loaders) 1892, galleria d’arte moderna of genoa, nervi, genua

sowohl die galleria d’arte moderna of genoa als auch das museo wolfsoniana – in dem es eine sammlung von design und propaganda zwischen 1880 und 1945 gibt – zeigen mit einigen futuristischen bildern auch bezüge zwischen faschismus und futurismus.

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cesare andreoni, la battaglia del grano 1935 und gerardo dottori: un italiano di mussolini, ritratto aereo di mario carli (an italian by mussolini, aereo portrait of mario carli) 1931, galleria d’arte moderna of genoa, nervi, genua
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ernesto (michahelles) thayaht: il grande nocchiere (the great helmsman) 1939, museo wolfsoniana, nervi, genua

am späten nachmittag entspanne ich mich dann noch in der gelateria nuovo miramare, direkt an der promenade am meer, bevor ich einen zug zurück ins zentrum nehme.

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thomas molck

Veröffentlicht11. August 2008 von xthomas in Kategorie "it genua

2 COMMENTS :

  1. By thomas (Beitrag Autor) on

    tja, ist ja schon fast vorbei. heut beginnt mein letzter voller tag in genua und morgen geht es über mailand schon wieder nach hause.

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  2. By inge (Beitrag Autor) on

    Hallo Thomas,
    schön, dass Deine Reise wie geplant verläuft.Großartig Dein langer Bericht von Genua mit den vielen Bildern.
    Gruß von der Nordsee Inge

    Antworten

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