die letzten tage in venedig
ich ziehe weiter durch venedig, besuche die ausstellung in den giardini, viele weitere nationale pavillions und collateral events in der stadt, verbringe einen tag am strand und verlasse venedig am ende mit der fähre vom terminal san basilio nach kroatien.
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tatsächlich erscheint dieser beitrag nun erst ein paar wochen nach den letzten tagen in venedig weil ich diesmal auf der reise einfach nicht mehr dazu gekommen bin alles aufzuarbeiten.
am freitag unternehme ich wieder eine tour durch die stadt und fahre zunächst zu einem meiner lieblingsorte in venedig, der insel san giorgio maggiore im osten der insel giudecca mit einem kleinen yachthafen, ausstellungsorten und einer basilika mit glockenturm, auf den man mit einem aufzug hochfahren kann.
in der basilika und den angrenzenden ausstellungsräumen in der sakristei gibt es auch bei dieser biennale wieder ein collateral event der belgischen künstlerin berlinde de bruyckere: „city of refuge III“ große, raumgreifende skulpturen und spiegel beherrschen den innenraum der kirche.
My sculptures generate themselves, they each portray their hunger for existence and the toil of their existential solitude. What I want to achieve here is for people not to look at my work as something beautiful. I want to touch them where they are afraid to be touched. Address those things they do not find words for.
Berlinde De Bruyckere (Ausstellungstext)
natürlich fahre ich auch wieder auf den glockenturm der basilika, für mich der schönste aussichtspunkt der stadt mit bezaubernden blick auf all ihre teile.
nach dem besuch san giorgio maggiores fahre ich drei station mit dem vaporetto an der insel giudecca entlang bis zur station palanca und laufe zu einem frauengefängnis auf der insel, das den pavillion des vatikans beherbergt. alledings kann man nur zu bestimmten zeiten und mit voranmeldung daran teilnehmen, so das ich mich mit der außenmauer des knasts begnügen muss.
ich laufe weiter auf die nachbarinsel sacca fisola und fahre von dort mit dem vaporetto zurück in die stadt zur piazzale roma und laufe weiter durch santa croce zum pavillion nord-mazedonien mit einer ausstellung von slavica janešlieva: „inter spem et metum“.
danach geht es weiter nach dorsoduro zum campo santa margherita und dem pavillion nigerias, wo ndidi dike’s arbeit unter anderem #EndSARS demonstrationen zu denen in ganz nigeria mobilisiert wurde dokumentieren, während die arbeit von fatimah tuggar „light cream poos“ hölzerne kürbisse mit animationen in einer augmented reality verbindet, die man mit einer app aufrufen kann.
auf dem weg weiter zum pavillion der elfenbeinküste besuche ich noch einen weiteren collateral event in der 193 gallery venice, einer gallerie in einer ehemaligen apotheke.
danach ist es schon wieder früher abend und ich nehme ein vaporetto von der station zattere zurück auf die insel giudecca wo ich zum sonnenuntergang am canale della giudecca esse, bevor ich zurück zum lido fahre.
am samstag fahre ich dann zur ausstellung in den giardini und besuche zunächst spontan den pavillion der niederlande, olanda, in dem diesmal in einer art take over werke vom cercle d’art des travailleurs de plantation congolaise (CATPC), einem ist ein künstler*innenkollektiv kongolesischer plantagenarbeiter mit sitz in lusanga in der demokratischen republik kongo, gezeigt werden. sie beschäftigen sich mit der ausbeutung der natur und der versklavung des kolonialen palm öl imperiums der lever brüder (heute unilever).
im film „the judgement of the withe cube” von ced’art tamasala und CATPV gemeinsam mit renzo martens wird vor einem gericht der community der bau des „withe cube” als museum im kongo verhandelt.
danach wende ich mich dann der hauptausstellung im zentralen pavillion in den giardini zu. schon die säulen des eingangs sind hier vom MAHKU (movimento dos artistas huni kuin) aus brasilien gestaltet, ein wenig wie bei der documenta fifteen nur bunter.
im eingangsbereich des zentralen pavilions folgt als teil des „nucleo contemporaneo“ eine weiter arbeit des künstler*innenkollektivs claire fontaine aus palermo die migration, exile und fremde thematisiert.
darauf folgt ein weiterer teil des „nucleo storico“ also des „historischen kern“ abstrakten werken der moderne.
und dann wieder der „nucleo contemporaneo“ mit dem „museum of the old colony”. pablo delano beschäftigt sich darin mit puerto rico, frühere kolonie spaniens und heute quasi eine moderne kolonie der usa.
darauf folgt eine weitere sektion des „nucleo storico“ mit portraits von künstler*innen des globalen südens.
im garten und im verbleibenden pavilion setzt sich dann der „nucleo contemporaneo“ fort, auch hier wieder mit dem fokus auf queere, indigene und andere künstler*innen vom rand der „kunst-welt“.
nach dem besuch des zentralen pavillion durchstreife ich dann die weiteren nationalen pavillions in den giardini. das „pettocoat government“ beherrscht den belgischen pavillion mit großen figuren die auf einem gestell über den besucher*innen sitzen. die folkloristischen giganten wurden von gemeinsen im spanischen baskenland, frankreich und belgien ausgeliehen.
im pavilion spaniens geht es mit der „migrant art gallery“ wieder auch um koloniale traditionen. die peruanisch-spanische künstlerin sandra gamarra heshiki ist die immigrantin, die hier spanien repräsentiert.
im pavillion der schweiz entführt guerreiro do divino amor dann in seine fantastische welt des „Superfictional World Atlas“. in einer art kuppel wird ein video des „wunder der helvetia“ mit einer schweiz „die als ein wundersames und „superfiktives“ Paradies auf Erden dargestellt wird, in dem Natur und Technologie, Kapitalismus und Demokratie, Rustikalität und Kultiviertheit in einem perfekten und surrealen Gleichgewicht stehen“ (press release pavilion of switzerland).
den pavillion russlands nutzt in diesem jahr der „plurinational state of bolivia“, der damit auch im zentrum der biennale in den giardini präsent ist und wiederum den aymara people raum gibt.
auch der pavilion dänemarks gegenüber ist von einer art outsider besetzt, inuuteq storch aus grönland bzw. „Kalaallit Nunaat“, dem land der kalaallit, der grönländer.
die leichte architektur des pavillions der nordischen länder (schweden, finnland, norwegen) daneben wird diesmal beherrscht von einer art drachen deren kopf sich auf der einen seite des pavillions empor streckt und auf der anderen seite der schwanz.
ein stück weiter dann der pavillion der usa, dieses mal mit bunter fassade und ebenso bunten stoff-objekten von jeffrey gibson.
der kleine eigene pavillion finnlands gegenüber zeigt drei künstler*innen die sich mit menschlicher wahrnehmung, sehnsucht, intimität, heteronormativität und behinderung befassen: pia lindman, vidha saumya, jenni-juulia wallinheimo-heimonen: „the pleasures we choose“.
von hier auch geht es weiter zu den pavillions japans – mit einer rauminstallation aus plastik, schläuchen, flaschen, eimern, flüssigkeit – und koreas – mit werken von koo jeong a.
daneben komme ich dann zum pavillion deutschlands, bei dem der haupteingang (mal wieder) verschüttet ist und man durch den nebeneingang in eine art raumschiff gelangt, mit dem wir nach der ökologischen oder kriegerischen zerstörung unseres planeten dann zu neuen welten aufbrechen und der erde „lebewohl“ sagen.
daneben geht es weiter im pavillion grossbritanniens mit video- und klanginstallationen von migrant*innen in der britischen diaspora von john akomfrah.
im pavilion frankreichs gibt es dann wieder eher surreale organische skulpturen von julien creuzet: „attila cataracte ta source aux pieds des pitons verts finira dans la grande mer gouffre bleu nous nous noyâmes dans les larmes marées de la lune“
etwas weiter im pavillion tschechiens präsentiert dann eva koťátková in zusammenarbeit mit himali singh soin, david tappeser, gesturing towards decolonial futures und gruppi di bambini e anziani die rauminstallation: „the heart of a giraffe in captivity is twelve kilos lighter“, in der man auch im plüschigen hals der giraffe platz nehmen kann.
gegenüber im futuristischen pavillion australiens dann ein weiteres werk der kritischen auseinandersetzung mit der kolonialen unterdrückung der first nations peoples of australia. archie moore platziert im „kith and kin“ etliche papierstapel von dokumenten ungeklärter gerichtsmedizinischer todesfälle von 517 first nations peoples auf einem riesigen tisch in einem schwarzen wasserbecken, umgeben von einer tafel mit stammbäumen, die moore über zwei monate mit kreide hier notiert hat. der beitrag erhielt in diesem jahr den goldenen löwen.
in der mitte der giardini laufe ich vorbei am geschlossenen israelischen pavillion, den die künstler*innen und kurator*innen erst öffnen, wenn es einen waffenstillstand und ein abkommen zur freilassung der geiseln gibt.
nun ist es schon spät am nachmittag und ich laufe noch einmal über den kleinen kanal, der das gelände der giardini durchzieht, in den östlichen teil und dort zuerst zum pavillion österreichs mit werken von anna jermolaewa. auf bildern aus dem hauptbahnhof in wien demonstriert sie die unmöglichkeit, eine gute position zum schlafen zu finden, indem sie diverse stellungen ausprobiert. als sie als politische geflüchtete vor 17 jahren nach wien kam, hatte sie auch am hauptbahnhof geschlafen, mittlerweile haben die bänke aber armlehnen, die das schlafen verhindern sollen. zusammen mit der ukrainischen balletttänzerin und choreografin oksana serheieva ist „rehearsal for swan lake“ aufgrund einer jugenderinnerung anna jermolaewas entstanden. in der sowjetunion zeigte das staatliche fernsehen in zeiten politischer unruhen oft tagelang schwanensee. so wurde das ballett tschaikowskis auch zu einem code für machtwechsel. ein video zeigt proben einer gruppe von tänzerinnen die so auch für den regimewechsel in russland proben. regelmäßig finden hier im pavillion live performaces von oksana serheieva statt.
danach besuche ich noch die pavillons serbiens mit aleksandar denić‘s „exposition coloniale“ und den pavillion polens mit der videoinstallation im stil einer karaoke bar „repeat after me II“ in der geflüchtete den sound von bombendetonationen nachmachen und die zuschauenden auffordern, das zu wiederholen.
und dann schließen die giardini schon.
am sonntag fahre ich dann zunächst wieder zur station giardini, jetzt aber um von hieraus weiter in die stadt zu laufen. dabei stoße ich auf das denkmal „venezia alla particiana“ für die partisaninnen venedigs.
ein stück weiter komme ich am giardini greenhouse vorbei, einer art kulturcafé in einem gewächshaus und direkt daneben in einem garten dann der pavillion sloveniens mit einem begehbaren objekt unter freiem himmel im geheimen garten.
ich laufe dann weiter richtung zentrum und komme zum nächsten collateral event im palazzina canonica. auf einem tablet kann man hier mithilfe von KI eine neue spezie erzeugen die danach im nebenraum in der simulation eines großen aquariums erscheint: josèfa ntjam: „swell of spæc(i)es, palazzina canonica – CNR ISMAR“.
einstück weiter nach castello hinein in der gwangju biennale foundation gibt es einen weiteren collateral event, unter anderem mit einer älteren installation von nam jun paik: „dolmen, madang, WHERE WE BECOME US“.
ich laufe noch ein stück weiter durch castello um den pavillion der demokratischen republik kongo am ausgang des arsenale zu finden, denn ich am dienstag übersehen zu haben glaube. aber es gibt da keine ausstellung. also laufe ich zurück zum eingangsbereich des arsenales, wo es noch ein paar orte ausserhalb des arsenales gibt, die ich am donnerstag nicht besucht hatte.
danach laufe ich wieder richtung zentrum und san marco und besuche noch ein paar ausstellungsorte östlich des markusplatzes.
in der ausstellung des collateral event „above zobeide, exhibition from macao“ aus china zeigen überwachungsmonitore exponate in einem ausstellungraum und wenn man später in den nebenraum geht, merkt man dass man sich gerade in genau diesem ausstellungsraum befindet, dessen bilder mit etwas verzögerung in den nebenraum übertragem werden.
etwas weiter besuche ich noch ein paar weitere collateral events und pavillions:
nun bin ich schon recht weit an den markusplatz heran gekommen und es ist auch schon wieder abend. ich werfe noch einen blick auf die säufzerbrücke und fahre dann zum abendessen wieder herüber zur insel giudecca.
am montag verbinge ich den tag dann am strand und auf der insel certosa, montags haben ohnehin die meisten ausstellungsorte in der stadt geschlossen. also fahre ich mit den bus zum „free beach“ im nordosten vom lido am flughafen und laufe von dort am strand den ganzen ort entlang. vorbei an einem privaten strand an dem anderen und später an den prunkbauten älterer zeiten, dem palazzo del casino und dem palazzo del cinema bis zum marconi strand am rande des ortes.
das erste mal seit ich hier am mittelmeer bin schwimme ich heute auch zweimal in der adria. danach geht es dann mit dem vaporetto zur insel certosa, einer aussenstelle des deutschen pavillions der biennale mit installationen unter freiem himmel die man zu jeder zeit besuchen kann.
schon auf dem steg der von der vaporetto station auf die insel führt, hört man aus kleinen lautsprechern eine sound installation von louis chude-sokei. auf der insel gibt es dann kleine membrane von robert lippok in der natur und eine installation von jan st. werner in einer ruine.
in einem kleinen wald auf der insel folgt dann noch ein lautsprecher von michael akstaller, der signale an die umstehenden bäume sendet.
am dienstag, meinem letzten ganzen tag in venedig, geht es dann nochmal zu den ausstellungen in der stadt, abschließend nochmal in san marco, castello und dorsoduro. ich fahre mit dem vaporetto direkt zum markusplatz, wo ich am sonntag abends etwas zu spät beim palazzo delle prigioni direkt neben dem dogenpalast war. jetzt besuche ich dort das collateral event des taipei fine arts museum of taiwan: „everyday war“ mit videos von der besetzung des parlaments 2018, leeren straßen während einer luftverteidigungsübung 2014, zerstörung in der wohnung im „everyday war“ und mehr:
ich laufe nochmal zum campo santa maria Formosa weil ich auch dort am sonntag zu spät für eine ausstellung war, jetzt ist die ausstellung zwar geöffnet, kostet aber 15 euro eintritt was mir jetzt für eine kurze stippvisite zu viel ist. also laufe ich zurück zum markusplatz und besuche da die ausstellung der starak family foundation mit werken von andrzej wróblewski.
ebenfalls nahe am markusplatz gibt es auch wieder im espace luis vuitton eine ausstellung, in diesem jahr mit fotos von ernest pignon-ernest „je est un autre“ und ein stück weiter liegt auch das headquater der biennale.
ich fahre ein kurzes stück über den canale grande mit dem vaporetto zur brücke academia um dort den pavillion portugals mit der ausstellung „greenhouse“ von mónica de miranda, sónja vaz borges und vânia gala im palazzo franchetti zu besuchen. die anderen ausstellungen im palazzo franchetti hatte ich schon am montag vor einer woche gesehen, aber der pavillion hatte da geschlossen.
von da aus geht es weiter zu fuß zum pavillion des iran.
dann fahre ich nochmal eine station mit dem vaporetto auf die andere seite des canale grande nach dorsoduro und besuche noch einmal einen collateral event an der station zattere im palazzo cavanis.
ein stück weiter geht es dann zum pavillion armemiens am canale della giudecca.
schließlich fahre ich am letzten abend in venedig zum abendessen nochmal herüber auf die insel giudecca.
am mittwoch bleibe ich dann den vormittag noch im hotel giardinetto um den blogeintrag der ersten tage in venedig fertig zu stellen und fahre mittags zum terminal san basilio von wo aus es dann am späten nachmittag mit der fähre der adriatic lines nochmal durch vendig in die adria und weiter nach kroatien geht.