documenta fifteen
in der ersten august woche besuche ich die documenta fifteen in kassel. ein beeindruckendes erlebniss an diversen ausstellungsorten in der stadt und mit diversen künstler*innen, aktivist*innen und kollektiven aus aller welt.
alle bilder von der documenta fifteen bei flickr >>
montag fahre ich mit der bahn nach kassel zur documenta. ich fühle mich körperlich immer noch nicht so richtig fit, nach zwei operationen im bereich um die leiste im winter und eine mittelschwere erkältung in den letzten wochen. ich möchte in diesem sommer noch weiter weg nach süden reisen, aber kassel mit der documenta fifteen ist erstmal ein guter start um mich auszuprobieren. nicht so gut ist der start mit der bahn. der ice sprinter von düsseldorf nach frankfurt am main hat nur einen von zwei zugteilen, natürlich fehlt der, in dem ich eine platz reserviert habe und entsprechend voll ist der zug. ich finde noch einen stehplatz im bord bistro. und maske zu tragen verstehen einige hier auch leider nur als option. dafür ist der zug pünklich und ich erreiche den anschluss ice nach kassel ohne probleme. vom bahnhof willhelmshöhe sind es dann nur ein paar haltestellen mit der straßenbahn über die willhelmshöher allee bis zum city hotel.
danach geht es nochmal zwei haltestellen weiter zum friedrichsplatz, so etwas wie dem zentrum der documenta mit dem fridericianum, der documenta-halle, der aboriginal embassy, einem food market und dem ruruhaus. das ruruHaus beschreiben die kurator*innen von ruangrupa das wohnzimmer oder „das Herz der documenta“. es fühlt sich irgendwie anders an. eher geschäftig mit ticketverkaufsständen, der buchhandlung könig im hintergrund und einem café am rande. dafür ist die fasssade gerade in der sonne am nachmittag eindrucksvoll.
documenta halle
ich mache mich auf den weg über den belebten friedrichsplatz, vorbei am fridericianum und am staatstheater zur documenta halle, wo schon der eingang durch einen wellblechtunnel das erst werk von wajika kwetu: „When they come to our place“ ist.
es folgen eindrucksvolle metallkontruktionen von künstler*innen, die mit dem Wajukuu Art Project aus Lunga-Lunga, einem Teil des kenianischen Mukuru-Slums (lumbung gallery) verbunden sind.
danach wird die documenta halle vom Instituto de Artivismo Hannah Arendt (INSTAR) aus Havanna (lumbung gallery) bespielt, das in einem archiv werke von cubaner*innen aus aller welt sammelt und in cuba zensierte künstler*innen und intellektuelle auflistet. sie weisen in einer einführung darauf hin, das dissenz in bezug auf cuba oft aus positionen von rechts und der politischen mitte wie repräsentativer demokratie und freier marktwirtschaft verbunden wird. hier geht es aber um gruppen denen es nicht um eine liberale rekonstruktion der gesellschaft geht sondern die anarchistische ideale von staatenlosigkeit, horizontalen strukturen, gegenseitiger hilfe und ähnliche ideen verfolgen. die ausstellung „Bis zum bitteren Ende: Civic Practices in Cuba at the Beginning of th 21st Century“ will die erinnerung an solche kollektive und ihre aktivitäten aktivieren.
um solche sozialen bewegungen und intellektuelle die soziale fragen diskutieren in cuba in den 2000er jahren geht es auch in einer diskussion in der halle über ökologische aktivist*innen, LGTBQ* aktivist*innen, anarchist*innen, antiautoritäre erziehung, und kritischen marxismus in cuba und die schwierigkeit linke politik in einem land zu machen deren politik sich auch als „left-wing“ versteht. die alternative szene bekommt da in den 2000er jahren manchmal raum aber das ging 2008 zuende.
von hier aus geht es ins untergeschoss der halle, mit einem großformatigen wandbild von 14 zeitgenössischen künstler*innen, einem kinobanner- und einem rikscha-maler das sich mit sieben bangla-filme aus bangladesch und westbengalen in indien auseinandersetzen, die sich mit nahrung, nahrungsmittelpolitik, krieg, menschengemachter hungersnot u.a. beschäftigt, eingeladen von Britto Arts Trust (lumbung gallery) aus dhaka.
darunter befindet sich die skaterampe von Baan Noorg Collaborative Arts and Culture (lumbung gallery) aus thailand, die besucher*innen und „der Kasseler Skate-Szene“ zur verfügung steht und zu graffiti-kommentaren einläd und auf der figuren für thailändisches Schattenspiel (Nang Yai) produziert werden um einen kulturellen austausch zu initiieren. zusammen mit dem kasseler skateboardverein mr. wilson veranstaltet die gruppe auch workshops an ihrer skateboardrampe in der documenta halle.
daneben stehen offset-druckmaschinen der lumbung Press, auf denen die künstler*innen und kollektive publikationen produzieren können. am ende der halle päsentiert Wakaliga Uganda (lumbung gallery) filmprojekte in einem slum in kampala.
mit der documenta halle war mein abendticket-besuch von 17 bis 20 uhr am ersten tag meines documenta-besuchs so gut gefüllt. vom ausgang im untergeschoss der halle laufe ich durch den Palan, einen bengalischen gemüsegarten von Britto Arts Trust (lumbung gallery) aus dhaka, zurück zum friederichsplatz mit dem „Rahmenbau“, dem beitrag von Haus-Rucker-Co zur documenta 6, 1977.
fridericianum (1)
vor dem fridericianum schaue ich mir in der abendsonne dann noch die weiss auf schwarz mit texten zu den lumbung-werten bemalten säulen von Dan Perjovschi an und lasse den tag dann bei den food-trucks der documenta fifteen am friedrichsplatz ausklingen.
am dienstag starte ich wieder im fridericianum, so etwas wie der zentrale ort der documenta neben dem ruruHaus und der einzige ort, an dem die erste documenta 1955 stattfand. das haus soll jetzt wohnraum und treffpunkt für alle sein, lumbung (indonesischer begriff für eine gemeinschaftlich genutzte reisscheune) in der sprache der documenta fifteen. ich gehe zuerst in den keller wo gerade noch die interaktive performance „40 Spiegel“ von Saodat Ismailova (lumbung gallery) stattfindet. frauen sitzen an einem runden tisch und polieren metallscheiben, eine typische arbeit von frauen in zentralasien. der keller ist mit einer labyrinthischen ausstellung verschiedener medien chilltаns, gestaltwandlern aus der welt der geister gewidmet, die sich durch ihre spiegelbilder feststellen lassen aber auch aus metall sein können.
auch vor dem fridericianum werden die beiden eichen, die beuys auf der documenta 7 1982 mit weißen schleifen in die chilltans einbezogen.
das erdgeschoss des fridericianum ist dann von dem ruruKids spielplatz und die Sekolah Temujalar (Temujalar-Schule) von Gudskul (lumbung gallery) aus indonesien. ein sammelsurium von spiel- und bildungsobjekten und möglichkeiten zum nongkrong (indonesisch für gemeinsam abhängen) woraus Gudskul die nongkrong Curricula die sich aus drei clustern zusammensetzen: freundschaften schließen, von freund*innen lernen und sich selbst organisieren um wissen zu sammeln.
der raum lädt mit den objekten, spielen – unter anderem dem computerspiel good game well played, entwickelt von batch5 & der games klasse der kunsthochschule kassel – und anderem in der tat ein, hier abzuhängen.
die bildungsorientierung setzt sich fort in plakaten des *foundationClass*collective (lumbung gallery) von der Weißensee Kunsthochschule Berlin (KHB) – an art school within the art school – im atrium.
im zweiten stock arbeitet OFF-Biennale Budapest (lumbung gallery) an einem transnationalen roma-museum: RomaMoMa mit der ausstellung „One Day We Shall Celebrate Again“. hier lädt Daniel Bakers „Shadow Diagram“ die besucher*innen ein, mit kreide ihre eigenen botschaften auf das werk zu schreiben. theoretisch, denn kaum jemand schreibt und das es überhaupt so gemeint ist, erfährt man erst im begleittext der versteckt in einer ecke des raums – wie alle begleittexte in dunklen bereichen auch aufgrund des geringen kontrasts zum papier schlecht lesbar. so schreibt auch keiner außer mir was, als ich im raum bin.
in den nebenräumen im süd-östlichen flügel residieren afrikanische und arabische kollektive wie Keleketla! Library aus Südafrika, das Centre d’art Waza (lumbung gallery) aus der demokratischen republik kongo, El Warcha (lumbung gallery) aus tunesien und der Another Roadmap Africa Cluster (ARAC), ein netzwerk in verschiedenen afrikanischen ländern. im ersten großen raum finden auch workshops und veranstaltungen statt. in der mitte steht ein dj pult. ARAC entwickelt hier öffentlich neue publikationen, das Centre d’art Waza organisiert vorträge und gespräche.
den nächsten raum nutzt El Warcha auf – für eine kunstausstellung – ungewöhnliche weise als werkstatt in der möbel und anderes gebaut und ausgestellt wird. auf den gebauten stühlen kann man dann gleich platz nehmen um videos zu verfolgen.
im nord-westlichen flügel geht es dann weiter mit archiven. zunächst mit The Black Archives (lumbung gallery) aus amsterdam, die unter dem motto ‚Interwoven Histories of Solidarity: Documenting Black Pasts & Presents‘ teile ihrer bücher und ausstellungen präsentieren. das soll die grundlage für gespräche und die auseinandersetzung mit dekolonisierung, intersektionalität und antirassismus bilden.
danach folgen die Archives des luttes des femmes en Algérie (lumbung gallery) die material von aktivistinnen der frauenbewegun in und außerhalb von algerien sammeln und digitalisieren. der prozess des sorttierens wird in einem auf den boden projezierten video dargestellt und auf einem tisch liegen reproduktionen diverser dokumente in die die besucher*innen sich selbst vertiefen. gleich das erste dokument in dem video ist ein kleines sonderheft des ‚Présence de femmes‘ journal aus dem jahr 1988, das sich in arabisch palestina widmet. und darin finden sich zeichnungen des syrischen künstlers Burhan Karkoutly die in den medien als erneuter antisemitischer fund in der dokumenta skandalisiert wurden.
antisemitismus exkurs (1)
erstmal zeigt hier die form präsentation von archivmaterial, wie unsinnig die forderung eine allgemeinen „sichtung und prüfung“ aller ausgestellten werke aufgrund des im raum stehenden generalverdachts des antisemitismus ist. die form der präsentation des Archives des luttes des femmes en Algérie ist typisch für diese documenta. es gibt sehr viele zu entdeckende materialien und wenn man alles entdecken wollte, was alle kollektive an den diversen austellungsorten bereithalten würden die 100 tage der documenta kaum reichen.
die documenta eröffnet – uns das ist eine stärke – einen raum der präsentation sehr vieler internationaler, unterschiedlicher, künstlerischer und auch politischer positionierungen. das kann und muss auch streitbar sein, zumal verschiedene sichtweisen auch verschiedene bedeutungen produzieren.
und wenn sich solche bedeutungen als wirklich problematisch erweisen – wie es sicher bei der darstellung auf dem abgebauten people’s justice banner von Taring Padi war, auf dem ein mann – der wohl mit anzug, reißzähnen und SS ruhnen auf dem hut einen klassischen „kapitalisten“ symbolisieren soll – unnötigerweise mit einem jüdischen symbol der schläfenlocken versehen wird. eine antisemitische intention ist dabei kaum zu vermuten, eher ein naiver umgang mit diesem symbol. trotzdem ist es sicher richtig, auch diese naivität zu kritisieren. besser, als das banner in einem akt der selbstzensur abzubauen wäre es aber gewesen, das zu thematisieren und die documenta als raum der auseinandersetzung zu nutzen, um hier eine sensibilität herzustellen. bei der zweiten darstellung auf dem taring padi banner von einem soldaten mit schweineköpfen mit dem schriftzug MOSSAD auf dem helm und einem davidstern auf dem halstuch ist es schon schwieriger. der soldat ist einer von einer ganzen gruppe von soldaden mit schweinekopf, bei den anderen steht MI5, KGB, 007 u.a. auf den helmen. offensichtlich geht es also im die markierung von westlichem militär und geheimdiensten, wozu man israel und den mossad ja durchaus zählen kann. das ist erstmal nicht zwingend antisemitisch, zumindest gibt es dazu zurecht unterschiedliche positionen, das kritik an israel noch zwingend antisemitisch sein muss.
und das banner muss man ja auch im kontext der entstehung als politische manifestation gegen die militärdiktatur suharto in indonesien verstehen. dabei geht es nach dem lesenswerten statement von Taring Padi auch um die aufarbeitung des massenmords an mehr als einer halben million menschen im jahr 1965. westliche geheimdienste unterstützten damals das regime suhartos, so dass ihre kritische darstellung auf dem banner mehr als nachvollziehbar ist. gleichwohl räumt Taring Padi ein, dass darin auch eine unangemessene darstellung entstanden ist.
Es ist wahr, dass die Form der Darstellung aus Enttäuschung, Frustration und Wut politisierter Kunststudent*innen stammt, die kurz zuvor viele ihrer Freund*innen in den Straßenkämpfen von 1998 verloren hatten – einem Aufstand, der schließlich zum Rücktritt des Diktators führte.
Die von uns verwendete Bildsprache ist jedoch nie aus Hass gegen eine bestimmte ethnische oder religiöse Gruppe entstanden, sondern als Kritik an Militarismus und staatlicher Gewalt gedacht. Wir bedauern, dass wir eine mögliche Beteiligung der Regierung des Staates Israel so völlig unangemessen dargestellt haben – und entschuldigen uns aufrichtig dafür. Antisemitismus hat weder in unseren Gefühlen noch in unseren Gedanken einen Platz.
stellungnahme von Taring Padi zum people’s justice banner
in der diskussion in deutschland gibt es aber leider nur wenig um die mit dem banner kritisierte militärdiktatur und den massenmord in indonesien. dieser wesentliche hintergrund des banners wurde mit der diskussion des antisemitismus letztlich verdrängt. Tania Bruguera vom Instituto de Artivismo Hannah Arendt (INSTAR) sagte dazu am eröffnungstag der documenta in den tagesthemen:
Ich glaube der Schmerz eines Volkes sollte nicht über den Schmerz eines anderen Volkes gestellt werden. Die documenta zeigt eine Vielzahl von schmerzhaften Diskussionen, die Menschen in ihren eigenen Ländern erleben.
Tania Bruguera im Tagesthemenbericht von Peter Gerhardt/Grete Götze, HR, 15.06.2022
und jetzt zurück ins fridericianum und zum Archives des luttes des femmes en Algérie. denn beim hier kritisierten exponate ist die situation durchaus nochmal eine andere, denn letztlich geht es um die darstellung von gewalt israelischer soldaten, wozu man eben auch durchaus die position haben kann, dass das keine antisemitische sondern eher eine antimilitaristische position ausdrückt.
trotzdem gibt es auch hier zurecht einen hinweis des bedauerns des kollektivs, das es hier zu fehlinterpretationen gekommen ist und die ankündigung, das hier zusätzliche informationen zur verfügung gestellt werden sollen, um die dokumente in ihrem historischen und politischen kontext besser zu verstehen.
insofern findet eine auseinandersetzung mit den unterschiedlichen wahrnehmungen statt was letztlich auch beim people’s justice banner der bessere weg gewesen wäre.
am freitag lese ich in der hessischen allgemeinen, das ruangrupa in ihrer auseinandersetzung mit den zeichnungen von Burhan Karkoutly in der spezialausgabe des ‚Présence de femmes‘ journal aus dem jahr 1988 auch zu den ergebnis kommt, der vorwurf des antisemitismus folge hier einer fehlinterpretation mit der ruangrupa nicht einverstanden sei:
Die Bilder in der Broschüre sind eindeutig nicht antisemitisch. Alle Karikaturen haben eine bestimmte Geschichte, sie repräsentieren die Propagandakunst der damaligen Zeit und den Standpunkt der Palästinenser*innen gegenüber der militärischen Besatzung. …
Der Davidstern auf den Helmen von Soldaten ist das Symbol des israelischen Staates und der israelischen Armee, hier gibt es keine Zweideutigkeit.
stellungnahme von ruangrupa, zitiert nach der hessischen allgemeinen vom 5.8.2022
die stellungnahme enthält auch weitere kontextualisierungen der zeichnungen die dann wohl jetzt auch in der ausstellung ergänzt werden sollen.
fridericianum (2)
nach diesem etwas längerm exkurs zu dieser debatte, der man sich ob der dominanz in der aktuellen öffentlichen diskussion über die dokumenta auch kaum entziehen kann, nun zurück ins atrium des fridericianum mit einem weiteren statement des *foundationClass*collective vor einem bild von Richard Bell.
im zweiten stock des fridericianum finde ich mich dann in einer ganz anderen atmosphere von Siwa plateforme – L’Economat at Redeyef (lumbung gallery) aus gafsa in tunesien. gemütliche sofas laden ein zum abhängen (nongkrong) vor videos und bildern der trockenheit in gafsa um den ort redeyef inmitten eines phosphatbeckens.
am ende kann ich dann noch ein paar bilder im turm des fridericianum besichtigen, bevor ich mich zurück auf den sonnigen friedrichsplatz begebe. dort ist an der fassade von C&A ein weiterer öffentlicher ausstellungsort mit einem banner von Taring Padi (lumbung gallery) aus indonesien. davor steht ein historisches denkmal des komponisten louis spohr und ein LKW des Arolsen Archives „Von Bildern und Deportationen“ mit der aufforderung antisemitistische bildsprache aufzudecken einer einladung an die künstler*innen der documenta.
ottoneum
ich orientiere mich dann weiter nach unten richtung fulda. hinter dem fridericianum liegt das ottoneum. es wurde 1604 bis 1606 als erstes theatergebäude deutschlands erbaut, diente dann aber nur kurze zeit auch als theater. nach der zerstörung im zweiten weltkrieg wurde es nach den plänen aus dem 17. jahrhundert wieder aufgebaut und beherbergt jetzt das naturkundemuseum.
vor dem gebäude ist im garten ein café eingerichtet und INLAND (lumbung gallery) hat hier einen klassenraum den sie in einem park in madrid da wo schafsherden weiden aufgebaut hat nachgebaut. in madrid tagt dort auch das „Conferderacy of Villages network“, das „land based art projects“ in italien, großbritannien, armenien, schweden und spanien verbindet. dazu betreibt INLAND im garten einen käsepavillon der die neue währung der cheesecoins in den umlauf bringt. dazu schafft INLAND hier gemeinsam mit dem musseum lebensräume für insekten, planzen und andere lebewesen z.b. in einem bienenstock.
im ottoneum thematisiert ikkibawiKrrr (lumbung gallery) mensch und natur. hier gab es auch einen beitrag von hito steyerl den sie nach den antisemitismus-auseinandersetzungen um die documenta hat abbauen lassen.
die arbeiten und kollektive mit bezug zur natur passen gut in das naturkunde museum, deren ausstellung auch für die documenta-besucher*innen offen ist so dass man zwischendurch auch klassische naturkundliche exponate wie das skelett eine elefanten dessen schädel auch goethe 1784 untersuchte.
an der fulda (1)
vom ottoneum laufe ich dann herunter an die fulda und weiter zur walter-lübcke-brücke wo auch mehrere ausstellungsorte der documents liegen. vor dem rondell warte ich ein paar minuten in einer längeren schlange, aber es geht nur sehr langsam voran und so nehme ich mir vor, morgen früher hierher zurückzukommen. dann suche ich eine matten die an der brücke vom Nhà Sàn Collective (lumbung gallery) plaziert sein soll, finde sie aber nicht. später erzählt mir eine documenta-mitarbeiterin, sie habe am anfang von der brücke gehangen, sei dann aber irgendwann verschwunden.
unterhalb der brücke gibt es aber noch die Clepsydra-Bühne von Black Quantum Futurism (lumbung gallery) auf dem wasser, die wohl auch für aufführungen genutzt wird. und neben der brücke gibt es mit dem Blue Dancer noch ein documenta-unabhängiges kunstwerk im öffentlichen raum, das allerdings vor allem nachts richtig zur geltung kommt.
ein stück weiter die fulda abwärts liegt am bootsverleih ahoi neben einem schönen biergarten das „Floating System for Snails“ der künstlerin Chang En-Man (lumbung gallery) aus Taiwan, inclusive eines informativen Warteraums. ausserdem gestalter die OFF-Biennale Budapest (lumbung gallery) das gelände als „imaginären Spielplatz, auf dem spielerisch neue soziale Modelle entstehen können“ (documenta fifteen ausstellungsort bootsverleih ahoi) dazu gehören die „Floating Gardes“ mit denen die OFF-Biennale Ilona Németh eingeladen hat und die von kassler*innen die sich bei der künstleron bewerben konnten gepflegt werden.
auf dem weinberg
mit einem e-roller mache ich mich auf den weg auf die andere seite der fulda, vorbei an der orangerie und der karlswiese auf den weinberg im zentrum kassels zu den ausstellungsorten der grimmwelt und des museum für sepulkralkultur. die grimmwelt ist ein märchenlabyrinth zu den erzählungen der gebrüder grimm und im rahmen der documenta stellen hier die künstlerin Jumana Emil Abboud (lumbung gallery), aus palästina, das kollektiv Alice Yard (lumbung gallery) aus trinidad und der künstler Agus Nur Amal PMTOH (lumbung gallery) aus indonesien aus, die in ihren werken auch bezüge zu mythologie und märchen herstellen. Agus Nur Amal PMTOH arbeitet dabei auch mit einer schule in kasse zusammen um geschichten mit alltagsgegenständen zu erzählen.
direkt neben der grimmwelt im museum für sepulkralkultur beschäftigt sich der in barcelona lebende mexikanische künstler Erick Beltrán (lumbung gallery) mit macht. die ausstellung basiert auf einer umfrage, die er mit studierenden zu dem thema durchgeführt hat. diverse schaubildern, diagrammen, skulpturen, bildern, video- und audiobeiträgen regen zum nachdenken und reflektieren von macht an.
im museum gibt es auch ein reklameschild von Hamja Ahsan (lumbung gallery) für Halal Fried Chicken, die schilder finden sich an den verschiedensten ausstellungsorten der documenta. und unabhängig von der documenta gibt es im museum noch die ausstellung „I am not my body“ von Vanesa Abajo Pérez in der bei diversen mit QR-Codes versehenen stühlen über diese codes audioaufnahmen aufgerufen werden können, in denen hinterbliebene darüber berichten, welche bedeutung der stuhl für eine*n verstorbene*n hatte.
über die unterführung frankfurter straße / fünffenster-straße mit der audioinstallation „Sonic Shades“ von Black Quantum Futurism (lumbung gallery) laufe ich zurück zum friedrichsplatz wo ich, wie am ersten tag, auch heute den tag bei den food-trucks die anläßlich der documenta am friederichsplatz stehen ausklingen lasse.
brüder grimm platz
am mittwoch starte ich im hessischen landesmuseum in dem hinter einem vorhang aus handgenähten papiertüchern den film „Aşît / Avalanche / Lawine“ von Pınar Öğrenci (lumbung gallery) über das leben und überleben in müküs in der türkei. eine etage höher kann man mit kopfhörern und tablets die 3-d animation „Atua“ von FAFSWAG (lumbung gallery) aus aotearoa (name der māori für neuseeland) erkunden.
gegenüber vom hessischen landesmuseum ist das hotel hessenland, in dem viele künstler*innen der documenta fifteen wohnen und in dessen ballsaal es auch eine installation von MADEYOULOOK (lumbung gallery) aus südafrika gibt.
an der fulda (2)
von hier aus mache ich mich dann wieder auf den weg zum rondell, diesmal gibt es keine lange schlange so das ich schnell in den raum komme, in dem nur zehn besucher*innen gleichzeitig sein können. Nguyen Trinh Thi (lumbung gallery) hat hier eine installation der projektion der schatten von chilli-pflanzen erstellt. im alten gemäuer des rondells ist es dunkel, wenn man reinkommt fällt es zunächst schwer, sich zu orientieren. man kann sich auf kissen auf dem kalten boden legen und die projektionen verfolgen. bilder und töne werden live aus vietnam übertragen, dort erzeugt der wind die töne auf der Sáo-Ôi-Flöte. als ich in den raum komme, liegen die meisten und es herrscht eine fast meditative stimmung. irgendwie fasziniert mich die atmosphere und ich bleibe länger, verfolge das kommen und gehen und die interaktion der neuen besucher*innen mit der installation. die schattenbilder erinnern mich an das höhlengleichnis der antiken philosophie.
außen auf dem rondell hängt ein weiteres banner von Taring Padi (lumbung gallery) aus indonesien.
bettenhausen, hafen & weserstraße
ich mache mich über die fulda auf den weg nach bettenhausen wo Taring Padi im hallenbad ost seinen schwerpunkt auf der documenta fifteen hat. auf dem weg höre ich noch in der unterführung am platz der deutschen einheit die soundinstallation „The Walls Have Ears“ von Khalid Albaih, eingeladen von Trampoline House (lumbung gallery) aus dänemark und fahre von dort eine station mit der straßenbahn weiter nach bettenhausen.
am hallenbad ost https://documenta-fifteen.de/ausstellungsorte/hallenbad-ost/ präsentiert Taring Padi (lumbung gallery) aus indonesien arbeiten aus 22 jahren aus seinem archiv in einer retrospektive. besonders charakteristisch sind neben den bannern die lebensgroßen figuren auf pappe, die wayang kardus. Taring Padi versteht kunst als katalysator sozialen wandels. die werke wirken propagandistisch, aber in einer propaganda die von unten kommt, spiegel dabei aber auch eine große vielfalt. nicht nur geballte fäuste sondern auch der punk hat seinen platz. geschlechter werden oft queer und different gezeigt. und auch hier gibt es auf dem roten panzer aus pappe eine aufforderung „FEEL FREE WRITE HERE“ der aber auch hier kein*e besucher*in folgt.
ein stück weiter auf der leipziger str. wird die kirche St. Kunigundis von der gruppe Atis Rezistans | Ghetto Biennale (lumbung gallery) aus haiti als standort genutzt. die düstere austellung ist geprägt der auseinandersetzung mit totenkult, vodou, magie und gewalt aber auch einer gewissen leichtigkeit und humor. im angebot ist auch ein digitaler katalog.
von St. Kunigundis laufe ich weiter zum hübner areal , einer fabrikhalle in bettenhausen die als weiterer austellungsort dient. hier hat Trampoline House (lumbung gallery) aus dänemark seinen standort mit dem castle, einem dem brecht’chen kreidekreis nachempfunden kreis in dem sofas und videos die sich mit dem dänischen asylsystem auseinandersetzen gezeigt. in einem workshop mit geflüchteten menschen unter dem titel „Massaging the Asylum System – A Collective Exploration setzten sich die teilnehmenden mit dem system auseinander um es zu massieren, weicher zu machen, wobei unter anderem portraits als große negative entstanden.
in der kantine des hübner areals bietet yezi’s restaurant ein asiatisches buffet in dem ich zu mittag esse und die auf monitoren laufede sitecom BOLOHOPE von BOLOHO (lumbung gallery) aus china schaue.
vom hübner areal laufe ich dann zum sandershaus, einem alternativen hostel in kassel wo Serigrafistas queer (lumbung gallery) gemeinsam mit dem zusammenschluss kassler initiativen ZukunftsDorf22 eine zeltstadt mit begegnungs- und kreativen räumen aufgebaut hat wo auch diverse veranstaltungen stattfinden.
von hier aus laufe ich weiter richtung fulda zur hafenstraße 76 wo in einem weiteren industriebau ausstellungen der documenta stattfinden. hier stellt hier das *foundationClass*collective (lumbung gallery) aus der weißensee kunsthochschule berlin aus und gestaltet das erdgeschoss als gemeinschaftsrsaum und präsentieren auch einen „Toolkit für machtkritische Projektverwaltung“ mit tips wie der nutzung von institutionellen stempeln oder briefköpfen als türöffner für projekt, der kommunikation nach innen und außen oder zum fundraising etc., der auch teil ihres buches ist, dass man auf ihrer webseite auch herunterladen kann (print version here web version here).
die ausstellung in der hafenstraße geht dann mit anderen kollektiven weiter über drei weitere etagen.
von hier aus geht es dann am späten nachmittag weiter zum ook_visitorZentrum, Weserstraße 26 einem weitern ort an dem vor allem praktisch workshops des ook_ kollektivs (lumbung gallery reinaart vanhoe) aus den niederlanden stattfinden.
um den hauptbahnhof
zum abschluss des zweiten ganzen besuchstages auf der documenta fifteen geht es dann ins WH22 wo unter anderen das The Question of Funding (lumbung gallery) kollektiv aus palästina die ebenfalls im kontext der antisemitismus-diskussion kritisierten bilder des zyklus „Guernica Gaza“ von Mohammed al Hawajri ausstellt, der historisch gemälde mit den konflikten um palästina verknüpft.
wieder wurde hier der vergleich von guernica als bild des widerstands gegen faschismus mit bildern die militärische gewalt gegen palästineser*innen darstellen kritisiert. aber im kern richten sich die bilder eben einfach gegen diese gewalt und nicht gegen juden.
antisemitismus exkurs (2)
interessanterweise hagt al Hawajri über seine kunst, es gehe ihm gar nicht um politische aussagen sondern es wolle kunst um der kunst willen schaffen. trotzdem werden seine werke politisch gesehen. sicher für mich sind sie auch politisch, aber das folgt vielleicht auch einfach nur daraus, dass das leben in gaza unter den umständen der besatzung und des widerstands eben politisch ist. sicher, das leben ist überall auf der welt politisch, aber hier nochmal besonders. und wenn al Hawajri nun in diesem kontext malt, kann er vielleicht auch gar nicht anders, als die gewalt einzubeziehen.
eine anekdote aus der antisemitismus diskussion, dass es auch massive kritik daran gab, die documenta veranstalte hier im WH22 eine pro-BDS party – hier haben die kritiker*innen aber auch nicht so richtig genau hingeschaut, denn es ging um eine pro-BDSM party. im keller des WH22 hat Party Office b2b Fadescha (lumbung gallery) einen raum „Queer Time: Kinships & Architectures“ geschaffen im dem auch die genannte bdsm party stattfand und weitere partys stattfinden, leider findet der nächste „Pro-BDSM-Rave HyperVigilant, bei dem die Feier von trans*- und BIPoC-Personen im Mittelpunkt steht“ erst einen tag nach meiner abreise statt.
nach der schließung der ausstellung laufe ich dann noch zum nahen hauptbahnhof kassels mit einem weiteren objekt vergangener documenta’s, dem himmelsstürmer von Jonathan Borofsky auf der documenta IX 1992. in und am heute „Kulturbahnhof“ genannten bahnhof gibt es auch zwei ausstellungsorte, zum KAZimKuBa schaffe ich es voraussichtlich nicht mehr, wenn ich mir morgen abend nicht nochmal ein abendticket kaufe. aber das „Horizontal Newspaper“ von Dan Perjovschi (lumbung gallery) auf dem bahnhofsvorplatz steuere ich donnestag als erstes an. für den tage leiste ich mir kein ticket mehr sondern besuche die frei zugänglichen ausstellungsorte mit dem e-roller.
nordstadt
danach geht es quer durch die stadt bis zum nordstadtpark, wo Sourabh Phadke (lumbung gallery) eine bühne aus nachhaltigen materialien auf der fulda geschaffen hat.
an der fulda entlang geht es dann über teile des campus der universität zurück in die stadt zum trafohaus das das Netzwerk Arts Collaboratory (lumbung gallery) bespielt.
an der fulda (3)
ich fahre wieder herunter zur fulda, gerne würde ich nochmal im rondell in der installation der projektion der schatten von chilli-pflanzen mit sound aus vietnam von Nguyen Trinh Thi eintauchen, für die man auch kein ticket braucht, aber da hat sich wieder eine längere schlange gebildet. so fahre ich nochmal zum bootshaus ahoi und entdecke auch hier noch neues wie den caravan one titel von Ádám Kokesch Daydreaming Workstation von Eva Koťátková, die auch für tagtraum-performances genutzt wird, die ich mir in der vorbereitung notiert hatte, die aber dann gestern aber nicht in meine tour durch bettenhausen gepasst hat. eigentlich braucht man für die Daydreaming Workstation auch wieder ein ticket, aber eine mitarbeiterin mit der ich mich gestern am rondell unterhalten hatte erkennt mich und lässt mich auch so rein.
ich fahre dann wieder auf die andere seite der fulda zum gegenüberliegenden hiroshima ufer (zwei tage vor dem jahrestag des bombenabwurfes auf die stadt). dort steht die installation KUNSTrePUBLIK: Citizenship – from roof to ship von ZK/U – Zentrum für Kunst und Urbanistik (lumbung gallery) die den bau des schiffs aus einem abgetragenen dachstuhl gebaute boot citizenship dokumentiert. das schiff sollte nach angaben auf der webseite hier an der fulda liegen, aber weit und breit ist nicht zu sehen. in der hessischen allgemeinen habe ich gestern morgen auch gelesen warum:
In Kassel weiß jedes Fullekind, dass die Stadtschleuse seit 2016 unpassierbar ist. Das haben auch die Kunst-Matrosen angeblich gewusst und einen Autokran benutzen wollen. Erst nach dem Bootsstart stellte man fest, das das gar nicht geht. Inzwischen ist völlig offen, ob es die glücklose Kunst-Schaluppe überhaupt noch jemals bis Kassel schafft. Gleichwohl wird die Legende vom Anliegeplatz am Hiroshima-Ufer noch immer tapfer auf der d15 Webseite verbreitet.
(Schwarz, Axel: Das ideale Denkmal. In: Hessische Allgemeine, 3.8.2022, S. 3)
karlsaue
ich fahre weiter an der fulda entlang bis ans ende der karlsaue zum komposthaufen mit einer installation von La Intermundial Holobiente (lumbung gallery) als lebensraum für die publikation: „The Book of the Ten Thousand Things“.
zurück geht es dann durch die karlsaue vorbei an zwei reflecting points (MARIA & KOLLEKTIV) die mitglieder der gruppe kassel des bund deutscher architektinnen und architekten (BDA) in zusammenarbeit mit der documenta fifteen geschaffen haben und dem gewächshaus mit einer installation der kulturstiftung Más Arte Más Acción (MAMA) (lumbung gallery) aus kolumbien.
schießlich geht es dann abschließen zu meinem letzten austellungsort auf der karlswiese vor der orangerie wo ich allerdings nur noch zwei von drei der angekündigten installationen finde, unter anderem „Return to Sender – Delivery Details“ vom The Nest Collective (lumbung gallery) aus kenia in der müll der regelmäßig in massen nach afrika verschifft wird „zurückgesand“ wird.
zur entspannung fahre ich dann nochmal zum hiroshima ufer um an diesem bis 35° heißem tag nochmal in der fulda zu baden und mich in den vom hallenbad ost bereitgestellten liegestühlen an der skulptur „Spitzhacke“ von Claes Oldenburg zur documenta 7 1982 mit blick auf den bootsverleih ahoi auszuruhen.
danach geht es dann nochmal zum friedrichsplatz, vorbei an der documenta halle und einen weiteren reflecting point des BDA „KOHLEMUSEUM“ mit der kernbotschaft: „Kohle jetzt ins Museum und nicht erst im Jahr 2038. Nutzen wie die regenerative Kraft der Erde und der Pflanzen“.
performance am letzten abend & letzter tag
am abend fahre ich nochmal in ZukunftsDort22 am sandershaus zum performance TRY OUT „ZWISCHENWELT“ in einem klangdome. die perfomance wird in TRY OUT’s entwickelt, es geht um den prozess des sterbens der in einer „reise mit allen sinnen“ erlebt wird in besonderen sounderlebnissen über kopfhörer, vibrationen des zeltbodens und vielem mehr. eine wirklich einrucksvolles und immersives erlebnis mit anschließender feedbackrunde am lagerfeuer.
nur der anschließende rückweg um 1 uhr nachts ist etwas mühsam, weil ich erst ein ganzes stück zu fuß bis zum platz der deutschen einheit laufen muss, bis ich einen e-roller finde, um zurück in mein hotel zu kommen.
am freitag besuche ich nochmal ein paar orte auch um meine gedanken zu ordnen und zu schreiben, zunächst im WH22 in einer art outdoor-wohnzimmer mit steckdosen und kostenlosem WLAN – wie überall auf der documenta, direkt neben dem garten des Nhà Sàn Collective (lumbung gallery) das hier auch unterkünfte an einem queeren ort schafft.
später setze ich mich noch eine zeitlang auf ein sofa im ruruHaus wo gerade eine interdisziplinäre konferenz zu „Kunst, Wissen und Kunstvermittlung“ stattfindet und beende meinen besuch mit eine bionade im cafe vor dem staatstheater mit blick auf den friedrichsplatz, wo noch eine friedensaktion am vortag des 77. jahrestages der abwurfes der ersten atombombe auf hiroshima stattfindet. von dort fahre ich schließlich mit der straßenbahn zum bahnhof wilhelmshöhe und mir der bahn zurück nach düsseldorf.
insgesamt war meine erste documenta für mich spannend mit vielen anregungen auch zu sozialer bewegung und bildung. sie wäre sicher auch ein lohnendes ziel für eine exkursion mit einem seminar zu kultureller bildung gewesen.
idee von kunst als sozialem prozess der diskussion, gemeinsamer arbeit, austausch und gemeinsamen abhängen – lumbung und nongkrong ist interssant. es gibt auch viele eine „ausgestellte werke“ aber eben oft auch werkstätten, foren, beteiligungsmöglichkeiten.
das ist eine sehr gute idee aber an vielen besucher*innen geht sie auch einfach vorbei. da passiert dann eben nicht dieser gemeinsame prozess, sondern – wenn es gut läuft – findet ein prozess in der individuellen auseinandersetzung statt. immerhin auch dafür bietet die documenta fifteen reichlich optionen.
oft mangelt es aber auch an einer offensiveren einladung im konkreten. an vielen orten wird das prozesshafte und der werkstattcharakter sichtbar, aber er findet dann doch vornehmlich unter den beteiligten kollektiven statt. für die allgemeinen besucher*innen fehlt da eben dann doch die klare einladung und so werden die orte wieder als von außen zu betrachtendes objekt wahrgenommen.
eine kritik an der ausstellung in den medien ist auch, dass die großen aktuellen krisen, die pandemie und der krieg in der ukraine nur eine geringe rolle spielen. die hessische allgemeine berichtet heute (am 5.8.2022), dass das Zentrum für Kunst und Urbanistik Berlin (ZK/U) russische & ukrainische künstler eingeladen hat. letzte woche haben die ukrainischen ausgestellt. die russischen, die sich klar gegen den krieg positionieren – einige saßen wegen ihre proteste schon im gefängnis – wurden für die zeit in der die ukrainischen ausstellen ausgeladen, weil die ukrainischen fürchten, dass das aufmerksamkeit von der ukraine nimmt. alle haben verständnis. aber so kommt es kaum zum nötigen dialog. und für viele kollektive aus dem globalen süden sind die probleme in ihrer heimat, die sie in ihren beiträgen thematisieren, vielleicht auch einfach drängender und sicher nicht weniger wichtig. denn da gab es schon lange vor dem urkraine krieg schreckliche kriege und vor der pandemie eine katastrophale medizinische versorgung.
in der lumbung gallery sollen werke der documenta fifteen angeboten werden um den beteiligten zu ermöglichen, sie zu verkaufen. aber nur wenige lumbung-mitglieder haben bis jetzt da werke eingestellt. vielleicht ändert sich das noch, die links in den klammern (lumbung gallery) im text führen zu den jeweiligen seiten in der gallerie.
nun werde ich in der kommenden woche nach venedig reisen und bin gespannt auf die zweite „Weltkunstschau“ die sicher auch spannede aber auch ganz andere eindrücke bereit hält.