August 8

marseille

ich mache mich für den august auf den weg ans mittelmeer mit interrail. die ersten tage erkunde ich marseille, besuche das 2013 eröffnete museum der ziviliationen und des mittelmeers, MUCEM, das szeneviertel cours julien, das alte viertel le panier und die kulturzentren vieille charité und friche la belle de mai. nur für eine bootstour nach frioul ist der wind leider zu heftig.

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escaliers du cours julien

alle bilder aus marseille bei flickr >>

am donnerstag den 3. august starte ich zunächst mit den ICE sprinter nach frankfurt und von dort weiter mit dem TGV nach marseille. zehn stunden dauert die reise mit dem zug bis an die côte d’azure. spontan mit interrail durch europa reisen hat mich immer schon gereizt, in meiner jugend bin ich nicht dazu gekommen aber jetzt gibt es interrail-tickets auch für erwachsene. auch wenn es mit dem spontanen reisen so eine sache ist. zum einen sind meine ansprüche an unterkünfte gewachsen so dass ich da schauen muss, was ich an den orten zu denen ich reise noch buchen kann und zum anderen müssen fernzüge wie der TGV in frankreich, spanien und italien reserviert werden und können auch ausgebucht sein. daher hatte ich auch etwas gezögert und mich letztlich erst entschieden, nachdem ich das ticket mit rückgabeoption schon gebucht hatte und damit auf der interrail.eu webseite checken konnte, dass es im zweifel doch meist verbindungen mit freien plätzen gibt.

eine gute entscheidung war es auch, ca. 100 euro mehr für ein erste-klasse-ticket auszugeben. zum einen ist eine zugreise über 10 stunden damit natürlich deutlich komfortabler, zum anderen erhöht das aber auch die chancen auf freie plätze. im ICE wie auch im tgv geniesse ich auch das frei wlan auf der ganzen strecke bis ans mittelmeer.

am abend komme ich in marseille an und laufe das kurze stück vom gare de marseille saint charles zum hotel in der rue de forbin. das viertel westlich des bahnhofes erinnert mich an den worringer platz. in der avenue camille pelletan reiht sich eine grillade an die andere, die tische und stühle stehen meist auf dem gehweg.

am freitag laufe ich die rue de forbin herunter bis zu einem kleinen markt an der metrostation joliette. heute ist hier zufällig ein kleiner flohmarkt wo ich direkt eine haarbürste bekomme, die ich zuhause vergessen habe. auf der anderen seite des platzes liegt direkt das einkaufzentrum les terrasses du port, nicht anderes als die einkaufzentren überall aber in der tat mit einer schönen terrasse zum hafen mit blick auf die bucht von marseille und die vorgelagerte insel frioul.

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im hintergrund: frioul

von hier aus laufe ich in die richtung des alten hafens, vieux port, vorbei an der kathedrale la major bis zum kleinen museumsviertel mit dem MUCEM, der cosquer grotte – einer nachbildung einer höhle an der küste mit 30.000 jahre alten höhlenmalereien – dem musée regards de provence und den museum der illusionen, das ich als erstes besuche. einige nette optische täuschungen und installationen, mit 18 euro eintritt aber eher überteuert.

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ich laufe weiter zum MUCEM, ein spannender erst 2013 errichteter bau vor dem fort saint-jean mit dauerausstellungen „Le grand Mezzé“ zur mediterranen kulinarischen entwicklung und „Connectivités“ über die verbindungen des mittelmeerraums über häfen, seekabel und anderes sowie einer beeindruckenden ausstellung „Barvalo – Roms, Sinti, Manouches, Gitans, Voyageurs…“ über die entwicklung der romani in europa. dabei steht der begriff „barvalo“ in romani für „reich“ und im erweiterten sinne auch für „stolz“. besonders beeindruckend ist dabei auch der teil zum „porajmos“, der verfolgung bzw. dem verschlingen der romani durch den deutschen faschismus. 

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Luna de Rosa: Structure de L’Antitsiganisme, Mucem – Musée des civilisations de l’Europe et de la Méditerranée
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The Gadjo Museum, Mucem – Musée des civilisations de l’Europe et de la Méditerranée

nach dem besuch der ausstellungen im futuristischen neubau laufe ich den weg hinter der fassade herauf bis auf die dachterrasse, von der eine kleine brücke über das wasser zum fort saint-jean führt. das fort ist auch teil des MUSCEM mit kleinen ausstellungen in den ruinen und einem garten von ghada amer 2022 gestalteten garten „a womans’s voice is revolution“. dazu kann man diverse weg durch und rund um die befestigungsmauern des fort’s erkunden und gelangt am ende unten zum ausgang zum alten hafen, dem vieux port.

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Ghada Amer: A Woman’s Voice is Revolution, 2022, Fort Saint-Jean, Mucem – Musée des civilisations de l’Europe et de la Méditerranée, marseille

ich laufe an den endlosen stegen mit yachten und wenigen klassischen fischerbooten den hafen entlang, immer wieder mit schönen blicken auf den hügel mit der basilika notre-dame de la garde. am ende des hafens mit der metrostation vieux port und den fähranlegern steht das beeindruckende spiegeldach „l’ombrière de norman foster“. ansonsten ist das touristische zentrum der stadt nicht so spannend.

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es ist auch schon spät und bald wird die sonne untergehen. spontan überlege ich mir, dass der sonnenuntergang wohl am besten auf dem hügel der basilika notre-dame de la garde aussieht, wo ich zu fuß aber bis dahin nicht mehr hoch komme.

ich leihe mir einen lime e-roller und fahre in die richtung, wobei der roller es teilweise nicht mehr so richtig bergauf schafft. am ende laufe ich dann noch ein stück über den fussweg von vauban hinauf und bin tatsächlich noch vor sonnenuntergang oben. aber das gelände der basilika ist schon geschlossen. auf dem hügel davon haben aber viele so wie ich den weg gefunden und warten auf den sonnenuntergang.

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danach laufe ich wieder herunter, zuerst richtung vieux port und dann nochmal mit dem e-roller die rue grignan herunter bis zum cours julien. die autofreie straße mit einem großen platz mit kleinem teich in der mitte und ihre seitenstraßen sind nach diversen infos im web sowas wie das junge alternative zentrum mit viel szenepublikum, graffittis, kneipen etc.

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escaliers du cours julien

von hier aus fahre ich am abend dann nach einer pizza mit der metro zurück zur station joliette und laufe zurück zu meinem hotel.

am samstag will ich dann wieder bei tageslicht zum cours julien, fahre aber zuerst zu einem fotoladen in der nähe um einen neuen skylight-filter zu kaufen. der war mir auf el hierro im frühjahr zerbrochen und ich hatte zuhause nicht mehr daran gedacht, mir einen neuen zu kaufen. leider haben sie keinen skylight filter aber einen polarisations filter. das wollte ich immer schon mal probieren, also nehme ich ihn mit und beginne ihn ausgiebig zu testen.

die ergebnisse sind schon interessant, natürlicher werden die fotos damit nicht aber durchaus poppiger was ich ja auch cool finde. und bei starken spiegelungen spielt der filter seine stärke natürlich besonders aus.

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castellane

von dem fotoladen laufe ich noch zum denkmal castellane am ende der rue de rome und experimentiere mit dem polarisationsfilter. von hier aus laufe ich dann durch seitenstraßen zurück zum cours julien. der platz und die seitenstraßen sind ein echtes graffitti-el-dorado. in einer seitenstraße frühstücke ich einen crepe im délices d’anis, ein alterntives café in dem auch honig aus eigener herstellung verkauft wird.

in den kleinen gassen rund um den cours julien entdecke ich immer neue graffittis, bis ich mich von dem platz löse und über treppen herunter nach noailles, einen kleinen gemüsemarkt an einer metrostation laufe und dann weiter zum alten hafen.

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Délices d’Anis, rue bussy i’indien, cours julien
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rue bussy i’indien, cours julien
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place du professeur jacques boudouresques, cours julien
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rue crudére, cours julien
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cours julien
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gemüsemarkt noailles
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l’ombrière du vieux port

ich laufe an der südseite entlang um mit einer kleinen fähre die das hafenbecken quert überzusetzten aber wegen dem starken wind draußen auf dem meer ist auch die fähre außer betrieb. um den weg etwas abzukürzen fahre ich mit einem lime e-fahrrad rund um den hafen fast bis zum fort saint-jean  und laufe von dort in das älteste viertel marseilles, le panier. auch hier gibt es etliche graffittis und viele nette kleine läden, bars, cafés und restaurants, es ist aber nicht ganz so alternativ wie am cours julien. von hier aus ist es dann auch nicht weit zurück zu meinem hotel.

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rue fontaine de caylus, panier
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rue fontaine de caylus, panier
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bibliothèque du panier
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impasse sainte françoise, panier
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rue saint-antoine, panier
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rue du panier

am sonntag wollte ich dann eigentlich eine bootstour nach frioul machen, eine nette vorgelagerte insel die ich 2008 schon auf meiner mittelmeer  radtour von marseille nach genua besucht habe und wo es in meiner zeit im institut für medien, kultur und informationstechnologie an der FH ein gestalterisches projekt mit studierenden aus dem fachbereich design gab. aber da es am wochenende auf dem meer vor marseille tatsächlich windstärken zwischen 8 und 9 hatte, verkehrt die fähre leider nur eingeschränkt für bewohner*innen und bootsleute die auf der insel festgemacht haben.

stattdessen besuche ich zwei interessante kulturzentren, zuerst das centre de la vieille charité, an dem ich am samstag schon vorbeigelaufen bin ohne es wirklich wahrzunehmen. in einem ehemaligen armenhospiz gibt es jetzt diverse ausstellungen des „Musée d’Archéologie Méditerranéenne“ und des „Musée d’Arts Africains, Océaniens, Amérindiens“. man läuft über die wandelgänge rund um den großen hof mit einem kuppelbau in der mitte und gelangt so zu diversen regional ausgerichteten ausstellungsräumen zu mexico, afrika, amerika und ozenanien, orient und mittelmeeraum sowie ägypten.

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centre de la vieille charité
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Alebrije, Mexiko 1970, Centre de la Vieille Charité, panier

danach geht es mit der tram zum palais longchamp. eigentlich nur weil ich von hier auch zum kulturzentrum friche la belle de mai laufen will, aber das monumentale palais und den dahinter auf dem hügel liegende parc longchamp kann ich dann doch nicht einfach link liegen lassen 😉

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nach einem besuch im park inclusive historischem viadukt eines wasserkanals geht es dann aber richtung belle de mai durch den bénédit tunnel, “Tunnel of a Thousand Signs” gestaltet mit kleinen kunstobjekten von frédéric clavère. direkt nach dem tunnel liegt dann das kulturzentrum friche la belle de mai in einer ehemaligen tabakfabrik mit ausstellungen, verantaltungssälen, eine bar und einem restaurant, diversen künstler*innenateliers, einem skatepark, einem spielplatz, … nach dem besuch der ausstellungen stöbere ich noch durch das weitläufige fabrikgelände.

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bénédit tunnel, “Tunnel of a Thousand Signs” with art by Frédéric Clavère
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danach geht es dann an der bahnlinie und dem gare de marseille saint charles vorbei zurück zu meinem hotel, wo ich am abend noch in der avenue camille pelletan esse um danach meine sachen zu packen für die weiterfahrt nach nizza am nächsten tag.

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gare de marseille saint charles


thomas molck

Veröffentlicht8. August 2023 von xthomas in Kategorie "fr cote azur

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